Peter Voß über Hans Abich
: Ein Voltaire des Fernsehens

In den 60er Jahren wurde Radio Bremen zur allgemein anerkannten Kreativ-Anstalt, woran Hans Abich, seit 1961 Programmdirektor, großen Anteil hatte. 1968 wurde er zum ersten parteilosen Intendanten des Senders, 1973 wählte ihn die ARD zu ihrem Programmdirektor. Mitte des Monats starb Abich in Freiburg. Im Folgenden dokumentieren wir Ausschnitte einer Würdigung von Peter Voß, Intendant des SWR

Hans Abich war der große alte Mann der ARD, eine ihrer prägenden Gestalten. Manche nannten ihn den großen alten Mann des Fernsehens überhaupt, andere gar einen Voltaire des Fernsehens. Ein Aufklärer also, ein geistvoller, ironischer Kopf obendrein (...).

Er machte Filme, etwa dreißig, und manche davon machten in Nachkriegsdeutschland West Filmgeschichte. Er begann damit schon 1945 in Göttingen. Sein Erstling war, wenn ich es richtig erinnere, „Draußen vor der Tür“ nach dem legendären Hörspiel von Wolfgang Borchert. Genau fünfzehn Jahre später blieb er zwar im weitesten Sinne im Metier, übte es aber fortan auf andere Weise aus: Er fand den Weg zur ARD und machte Karriere. Als Medienmanager wiederum behielt er bei, was den guten Filmregisseur auszeichnet: den Blick für Geschichten und Charaktere, also Phantasie und Einfühlungsvermögen, und zugleich klare Qualitätsmaßstäbe im Handwerklichen.

Hans Abich wurde Fernsehdirektor (...) und Intendant bei Radio Bremen. Unter seiner Regie wurde der kleinste Sender einer der interessantesten und lebendigsten in der großen Arbeitsgemeinschaft. Und die Kombination von Kreativität und Management-Kompetenz überzeugte die anderen Senderchefs so sehr, daß sie ihm die schwierigste und undankbarste Aufgabe anvertrauten, die die ARD zu vergeben hat: Von 1973 bis 1978 war er Programmdirektor des Deutschen Fernsehens, heute „Das Erste“ genannt (...).

Hans Abich war der richtige Steuermann auf einem Dampfer mit neun mehr oder weniger selbstbewussten und eigenwilligen Kapitänen. Nicht alle von ihnen mögen das so gesehen haben, und er hat in diesem Amt gewiß auch leidvolle Erfahrungen machen müssen. Aber er war der Richtige (...).

Er war mehr denn je, was er immer war: ein Pädagoge ohne erhobenen Zeigefinger, aber mit Verstand, Humor und Herz. Er hat Sendungen erfunden, er hat Sendungen verantwortet, und er hatte eine Sendung, ohne dass er dies jemals pathetisch für sich in Anspruch hätte nehmen müssen (...).

Er war nicht in der Gefahr, pseudo-aufklärerisch einer Ideologie zu verfallen, er war ganz im Gegenteil in der Lage, die ein wenig Anfälligen unter seinen Verehrern mit sanfter Entschiedenheit behutsam von der ideologischen Grabenkante wegzubugsieren. Er wusste halt zu genau, wie das Leben ist. Er wusste auch, wie es nicht ist, aber sein könnte (...).