Unis schrumpfen um ein Fünftel

Die drei großen Berliner Unis setzen gemeinsam Sparvorgaben des Senats um: 230 Professuren und 10.000 Studienplätze fallen weg. Wissenschaftssenator Flierl freut sich und rechnet Folgen klein

VON ADRIENNE WOLTERSDORF

Vor der Drohkulisse drastischer Sparvorgaben durch den rot-roten Senat haben sich die drei großen Berliner Universitäten entschlossen, bis zum Jahr 2009 rund ein Fünftel ihrer Professorenstellen wegzukürzen. Damit stünden 228 Professuren und ihre Ausstattung auf der Streichliste, erklärte Jürgen Mlynek, Präsident der Humboldt-Universität (HU) gestern bei der Präsentation des gemeinsamen Strukturkonzepts von HU, Freier (FU) und Technischer Universität (TU). Der Senat hatte den Universitäten für den Zeitraum 2006 bis 2009 eine Sparsumme von 75 Millionen Euro auferlegt. Als Folge dieser Streichorgie rechnet Mlynek mit einem Wegfall von rund 10.000 Studienplätzen in der Hauptstadt. Nicht eingerechnet in das Sparkonzept ist bislang die Hochschulmedizin, die bis 2010 allein 98 Millionen Euro sparen muss. Die Universität der Künste hatte gestern ihre Strukturpläne noch nicht vorgelegt.

Noch verfügen die Universitäten über insgesamt 1.172 Professuren, davon sind 1.081 besetzt, teilte die Wissenschaftsverwaltung mit. Durch den Wegfall der knapp 230 Professuren gingen zudem mehr als 1.500 Arbeitsplätze in den Univerwaltungen und im Mittelbau verloren, kündigten die Unirektoren an. Gleichzeitig teilten sie mit, dass alle Fachbereiche einschließlich der HU-Landwirtschaft erhalten blieben, wenn auch in häufig verkleinerter oder veränderter Form.

Wissenschaftssenator Thomas Flierl (PDS) zeigte sich erfreut über das vorgelegte Konzept, dem im vergangenen Herbst erhebliche Dissonanzen unter den drei Universitäten vorausgegangen waren. Der Strukturplan sei Ergebnis einer „Intensität der Abstimmung“, wie es sie zuvor unter den drei Unis in Berlin noch nie gegeben hätte. Das Strukturpapier bilde nun die Grundlage der Verhandlungen über die neuen Hochschulverträge im Herbst.

Heftig widersprach Flierl jedoch den Schätzungen, dass die Kürzungen auch einen Wegfall von 10.000 Studienplätzen bedeuteten. Seiner Meinung nach würden die erweiterten Kapazitäten der Fachhochschulen, neue Bachelor- und Masterstudiengänge sowie eine Verlängerung der Professorenarbeitszeit um eine Stunde von acht auf neun Wochenstunden Verlusten entgegenwirken. Er rechne daher höchstens mit hunderten, aber nicht mit tausenden verlorenen Studienplätzen, betonte Flierl.

Er zeigte sich weiter zufrieden über die mit den Kürzungen einhergehende Schärfung der Hochschulprofile. In dem gemeinsamen Konzept strichen die Unis Fachbereiche und verlagerten inhaltliche Schwerpunkte. Bei der TU fallen zum Beispiel die Lehrerfortbildung und die Geistes- und Wirtschaftswissenschaften weitestgehend weg (die taz berichtete). Gleichzeitig gibt die FU die Fächer Musikwissenschaft, Indologie und Evangelische Theologie an die HU ab.

Im Hinblick auf die kommenden Verhandlungen um die Hochschulverträge erhoben die Unirektoren die Forderung „dass die Politik sieht, dass wir Selbstorganisationsfähigkeit bewiesen haben“. Man hoffe nun stark, dass es keinen Rückfall in zentralstaatliche Praktiken des Reinredens, sondern Autonomie und Planungssicherheit bis 2009 geben werde. Um sich künftig besser koordinieren zu können, gründeten die drei Universitäten gestern zudem die „Konferenz der Berliner Universitäten“ (KBU), in der es insbesondere um das gemeinsame Facilitymanagement gehen soll. Als gemeinsames Anliegen nannten die Rektoren die Stärkung des Wirtschaftsstandorts und die Konzentration auf uniübergreifende Kompetenzfelder.