schwabinger krawall: auf dem stimmviehmarkt von MICHAEL SAILER
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Mit der Politik hat der Jackie nichts am Hut: Das sei höchstens was für Hosenscheißer, die mit den Hasen nichts auf die Reihe kriegen. Beim Wählen war er noch nie, und als ihm mal an einem Vormittag am Kurfürstenplatz ein Mann mit riesiger Bierwampe hinter dem Charivari einen Zettel und ein Blumentöpfchen entgegengestreckt hat, ist er furchtbar erschrocken und hat danach außer Hörweite etwas ziemlich Geschertes zu dem Mann gesagt, weil er halt auch normalerweise vormittags nicht auf der Straße herumläuft und deswegen die Augen noch nicht richtig aufgehabt hat.

Um so erstaunter war er, als ihn der Hubsi angerufen und gefragt hat, wie er sich so fühlt als frisch gebackenes CSU-Mitglied. Der Jackie hat „Hä?“ gesagt, weil es tags zuvor recht spät gewesen ist, und der Hubsi hat gemeint, er finde ja eigentlich die ganze CSU einen Sauhaufen, aber andererseits könne einem das schon nützlich sein, wenn man mal was „drehen“ wolle, und außerdem koste es ja nichts. Da ist dem Jackie dunkel eine ziemlich komische Kneipe in der Vorstadt eingefallen, wo ihn der Hubsi selber hingeschleppt und wo es keine Cocktails gegeben hat, dafür aber Freibier und Enzian, und dass er dabei möglicherweise irgendwas unterschrieben und dafür zu dem Freibier und dem Enzian dazu noch was bekommen hat.

Der Jackie hat seine Klamotten durchwühlt und einen Hunderter in der Hosentasche gefunden, und jetzt war er total durcheinander, aber der Hubsi hat ihn beruhigt, es gehe ja bloß darum, dass er nächste Woche bei dieser Parteiversammlung auftauchen und den einen Typen da zum Kandidaten wählen müsse. Auf den Schreck hin ist der Jackie ins Café Schwabing gestürzt und hat zufällig den dicken Kerl von dem Eventhefterl getroffen, der gebrüllt hat, es sei ja sagenhaft, dass er jetzt in der CSU ist, weil er ihm da gleich ein paar „Insidersachen“ liefern und am besten überhaupt regelmäßig sämtliche „Internas“ stecken müsse, für die Klatschseite und so. Dann ist der Hubsi aufgetaucht und hat gemeint, er solle sich nicht so aufregen, weil das in Bayern normal sei und ohne Bezahlung wahrscheinlich in der ganzen CSU bloß noch fünfzehn Leute wären. Sogar der Gauweiler, das wisse er aus sicherer Quelle, habe sich damals in die Partei hineinkaufen lassen, weil er unglücklich in eine Kommunistenstudentin verliebt gewesen ist, und ob er vielleicht glaube, dass so jemand wie der Kiesl, der Tandler und der Protzner ohne gekauftes Stimmvieh jemals auch nur in den Bezirksausschuss von Hinterhuglhapfing gekommen wären. Und wenn der Jackie geschickt investiere, dann sei er in null Komma nichts Ministerpräsident oder Eurokommissar, wofür er ansonsten eine Strauß-, Siemens- oder Stoibertochter heiraten müsste, was sowieso nicht gehe, weil die alle schon verkauft seien.

Der Jackie ist dann zu der Kandidatenwahl tatsächlich hingegangen, weil er gedacht hat, vielleicht springt ja noch ein Hunderter heraus. Aber an der Tür hat ein Mann mit riesiger Bierwampe hinter dem Charivari zu ihm gesagt, man brauche hier keine schwulen Discorocker, und weil der Jackie halt auch etwas schreckhaft ist, hat er seine Tätigkeit im Dienste der Partei im selben Moment niedergelegt und ist lieber woanders hingegangen.