DER ERSTE ROT-GRÜNE VEKEHRSWEGEPLAN VERFEHLT SELBST GESETZTE ZIELE
: Alternativen sind nicht vorgesehen

Was lange währt, wird doch nicht gut. Mit mehrjähriger Verspätung soll heute der neue Bundesverkehrswegeplan vom Bundestag verabschiedet werden. Politiker aller Parteien werden sich selbst auf die Schulter klopfen und ihrer Klientel entsprechend einzelne Erfolgspunkte herauspicken. Doch gemessen am Anspruch der rot-grünen Koalition wurde das Ziel komplett verfehlt: Ein verkehrspolitisch sinnvoller, ökologisch vertretbarer und zugleich finanzierbarer Plan wurde nicht vorgelegt.

Zwar sind in die Bewertung der einzelnen Bauprojekte erstmals auch Umweltkriterien in ernst zu nehmender Weise eingeflossen. Doch die fatale Grundstruktur der alten Planung von 1992 wurde übernommen: Das Transportwachstum erscheint als gottgegebener, nicht zu beeinflussender Faktor. Der Bedarf gilt als „vordringlich“, sobald der Nutzen in Form eingesparter Fahrtzeiten und Tankfüllungen die Baukosten deutlich übersteigt. Dass sich Siedlungs- und Produktionsstrukturen durch eine intelligente Steuerpolitik auch beeinflussen lassen und viele Fahrten danach überflüssig wären, kommt nicht einmal als Überlegung vor. Weiterhin gilt: Weit zu pendeln ist gut für die private Haushaltskasse. Und für Firmen lohnt es sich fast immer, den billigsten Zulieferer zu wählen – egal wie viel tausende von Kilometern entfernt er sitzt.

Die zweite fatale Fehlkonstruktion des Bundesverkehrswegeplans besteht darin, dass die Prüfung von Alternativvorschlägen nicht vorgesehen ist. Lokal- und Regionalpolitiker können sich nur noch für oder gegen ein Projekt einsetzen. Gestaltungsspielräume haben sie nicht. Wenn sie Geld aus der Bundeskasse abziehen wollen, müssen sie alle Kraft einsetzen, ihre Straße im „vordringlichen Bedarf“ unterzubringen. Dass eine kleinere Asphaltpiste, die Verbreiterung einer Kreisstraße oder gute Busverbindungen möglicherweise die bessere Lösung wären, spielt keine Rolle.

So bleibt genau wie beim letzten Mal nur ein Trost: Das Geld reicht sowieso nicht, um auch nur einen Bruchteil der Projekte zu bauen. Politische Gestaltung und eine sinnvolle Verkehrsplanung sehen allerdings anders aus. ANNETTE JENSEN