Homosexuelle gehören zur Kirche

betr.: „Als Mutter Micale Rebellin wurde“ von Heide Platen, taz vom 23. 7. 03

Ich fand die Reportage ganz wunderbar! Eine katholische Frau, die für ihre schwulen Söhne mit der Kirche kämpft. Ich bin in der AG „Schwule, Lesben, Hetero(a)s in der DPSG (SchLeHe)“ engagiert und wir kämpfen mit ähnlichen Problemen – allerdings noch nicht mit diesen Mitteln! An unseren Bundesverband (der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg) ist die Kirche schon herangetreten. Mit der Frage, wie es denn sein könne, dass Schwule und Lesben in unserem Verband LeiterInnen seien. Sollte dies wahr sein, wolle man „Abhilfe schaffen“. Interessant – und gruselig. Man/Frau möchte sich gar nicht ausmalen, was dieses „tradtionsreiche Unternehmen“ sich unter „Abhilfe schaffen“ vorstellt!

KATHRIN SCHROEDER, Bochum

Vielen Dank für den Artikel über Erika Micale. Meine Eltern haben in ihrer Gruppe Hilfe erfahren und gelernt, mit meinem Lesbischsein zu leben und zu mir zu stehen. Hätten meine Eltern diese Gruppe nicht kennen gelernt, stünde es heute schlecht um unser Verhältnis. Ich wünschte, die Eltern aller Lesben und Schwulen könnten so eine Gruppe finden und würden auch wirklich hingehen.

In einem hat Frau Micale Unrecht: Die Stadt Stuttgart hat die „Homo-Ehen“ nicht in die Bezirksämter in zwei Randbezirken der Stadt verbannt, sondern die dortigen Bezirksvorsteher haben sich aktiv darum bemüht, die Zeremonien dort machen zu können. Der von der Stadt ursprünglich vorgesehene Ort war das Amt für öffentliche Ordnung, ein muffiger, renovierungsbedürftiger und deprimierend dunkler Bau im Stil der 70er-Jahre. Das Bezirksamt in Untertürkheim hingegen ist ein einladender Bau, der eine angemessene Atmosphäre für den Schritt ins gemeinsame Leben bietet. Und der dortige Bezirksvorsteher bringt der Sache sichtlich Spaß und Enthusiasmus entgegen. Als meine „Zukünftige“ und ich Kontakt mit ihm aufnahmen, waren wir mehr als angenehm überrascht.

Leider wird uns in der Evangelischen Landeskirche Württemberg sehr viel weniger Toleranz und Herzlichkeit entgegengebracht. Ganz wie in der katholischen Kirche darf keine Segnung stattfinden. Die Pietisten, von denen es in der hiesigen Landeskirche viele gibt, sagen zwar, sie akzeptierten, dass es Menschen mit homosexueller Veranlagung gebe, nur praktizieren dürften sie diese nicht. Auf die Frage, wie viele Schwule und Lesben sie selber kennen, oder was sie machen würden, wenn ein nahe stehender Verwandter oder Bekannter oder gar sie selbst homosexuell wären, können sie allerdings keine Antwort geben.

ANDREA FUCHS, Stuttgart

Für den Mut und das unbeschreiblich andauernde Engagement von Frau Micale möchte ich ein großes Dankeschön aussprechen. Das Thema Homosexualität ist gerade in der katholischen Kirche nicht einfach und vorurteilsfrei diskutierbar.

Die BDKJ-Diözesanversammlung aus Würzburg hat sich Anfang Juli deutlich gegen eine Ausgrenzung und Diskriminierung homosexueller Menschen ausgesprochen. In einem Beschluss heißt es: „Was Heterosexuellen selbstverständlich ist, muss auch Homosexuellen ermöglicht werden: Christen zu sein, Partnerschaften verantwortlich zu leben, Verständnis und Toleranz zu erfahren und als vollwertige Gemeindemitglieder Kirche und Gesellschaft mitzugestalten.“ Den Fragen um Homosexualität müssen wir alle uns fair und offen stellen, dazu gehört auch die katholische Kirche. Hier werden wir sicherlich zu keinen glatten Lösungen kommen – „Toleranz, Solidarität und Akzeptanz homosexueller Menschen in Kirche und Gesellschaft sind uns große Anliegen, die noch lange nicht erreicht sind. Alle Menschen, gleich welcher sexueller Orientierung, haben das Recht mit ihren Fragen, Hoffnungen und Sehnsüchten ernst genommen zu werden. Es muss selbstverständlich sein, dass alle homosexuellen Menschen ihre unverwechselbare Würde als Sohn und Tochter Gottes, als Bruder und Schwester Christi besitzen. Sie gehören zur Kirche und sollen sie als Ort geschwisterlicher Gemeinschaft erfahren können“, heißt es in dem Beschluss weiter, den der Dachverband der unterfränkischen katholischen Jugendverbände im Namen der 30.000 Kinder und Jugendlichen veröffentlicht hat, die dort Mitglieder sind. Anfeindungen, Diskriminierungen und Ausgrenzung passen nicht in eine demokratische Gesellschaft. Unser Ziel muss daher sein, dass Homosexualität nicht mehr als Problemfall angesehen wird, sondern als Teil der gesellschaftlichen Normalität.

RALF SAUER, BDKJ-Diözesanvorsitzender Diözese Würzburg