Streit um Irans Atomanlagen

Teherans Vertreter bei der Internationalen Atombehörde spricht sich für Kontrollen iranischer Anlagen aus. Konservative Kreise lehnen das bislang ab. Derweil wächst der Druck der USA und der EU auf die Islamische Republik. Jetzt drohen Sanktionen

von BAHMAN NIRUMAND

Ali Akbar Salehi, Vertreter Irans bei der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), hat sich für die Unterzeichnung der Zusatzprotokolle zum Atomwaffensperrvertrag, die unangemeldete Kontrollen der Atomanlagen erlauben, ausgesprochen. Ob jedoch Irans Regierung der Empfehlung, der sie selbst zustimmt, folgt, ist unsicher. Denn die von Reformpräsident Chatami geführte Regierung genießt keine Entscheidungsfreiheit. Nicht einmal das Parlament, in dem die Reformer die Mehrheit haben, kann den Konflikt mit der IAEA beenden.

Die eigentlichen Machtzentren liegen außerhalb der Exekutive und Legislative, sie werden von Konservativen beherrscht. Diese haben sich bislang eher ablehnend zu den Forderungen der IAEA geäußert. Mohammed Resa Bahonar, Mitglied des von Islamisten beherrschten „Schlichtungsrats“, meinte, Iran werde nie ein Dokument unterzeichnen, das der Souveränität des Landes widersprechen würde. Konservative Zeitungen vertreten die Ansicht, Iran sollte sich unter keinen Umständen Druck von außen beugen und bei Androhung von Sanktionen sogar seine Unterschrift unter dem Atomwaffensperrvertrag zurückziehen.

Die USA werfen Iran seit langem vor, ein Programm zur Herstellung von Atomwaffen entwickelt zu haben. Ihr Ziel ist, den UNO-Sicherheitsrat zu Sanktionen gegen Iran zu bewegen. Diesem Kurs nähert sich offenbar auch die EU an. Am 21. Juli veröffentlichten die EU-Außenminister eine Erklärung, in der sie Iran zu einer „umfassenden Zusammenarbeit“ mit der IAEA aufforderten. Iran müsse vor allem das Zusatzprotokoll ohne Vorbedingung unterzeichnen. Die Minister machten jede stärkere wirtschaftliche Zusammenarbeit, vor allem den in Aussicht gestellten Kooperations- und Handelsvertrag mit Iran, von der Offenlegung des Atomprogramms, der Einhaltung der Menschenrechte, der Terrorismusbekämpfung und Irans Haltung zum Nahost-Friedensprozess abhängig.

Die Atmosphäre zwischen der EU und Iran ist so angespannt, dass der für September geplante Besuch Chatamis in Brüssel abgesagt wurde. Auch Israel verschärfte den Ton. Außenminister Silvan Schalom sagte kürzlich in Rom: „Wir sind einer Bedrohung durch Iran ausgesetzt. Iran hat ein radikales Regime, das 2006 fähig sein wird, Atomwaffen zu bauen.“ Dieser Sachverhalt bedrohe die „Stabilität Europas, Russlands, des Nahen Ostens und der gesamten Welt“.

Der Druck auf Iran wächst und die Zeit drängt. In diesen Tagen hält sich ein IAEO-Team in Teheran auf. Laut Plan soll die Atombehörde am 9. September einen neuen Bericht über das iranische Atomprogramm vorlegen. Wie aus Diplomatenkreisen verlautet, sollen UNO-Inspektoren angereichertes Uran gefunden haben, was heißen könnte, dass das Land waffentaugliches Uran herstellt. Iran weist die Vorwürfe zurück. Man weiß aber, dass die Drohungen aus Washington und Tel Aviv ernst zu nehmen sind. Auch der Druck der EU könnte der iranischen Wirtschaft schaden. In Teheran ist man sich der prekären Lage bewusst, aber trotzdem uneinig. Letzte Woche trat der Sprecher der Atomenergiebehörde, Chalil Mussawi, ohne Angabe von Gründen zurück. Während die Reformer auf ein Einlenken drängen, sind aus den Kreisen der Konservativen noch scharfe Töne zu hören, sie werden aber allmählich leiser.