Österreich ist wieder hoffähig

Außenministerin Ferrero-Waldner verhandelt in Israel über die Wiederaufnahme voller diplomatischer Beziehungen. Und das, obwohl Jörg Haiders FPÖ weiter mitregiert

WIEN taz ■ Der erste offizielle Besuch eines Mitglieds der österreichischen Wenderegierung in Israel wurde in Wien mitten im Hochsommer als Zeichen eines Tauwetters bewertet. Außenministerin Benita Ferrero-Waldner (ÖVP) war am Sonntag eingeladen worden und nahm die Gelegenheit zum Einrenken der beschädigten Beziehungen sofort wahr. „Heute ist ein guter Tag für Österreich und für Israel“, sagte sie bei ihrer Ankunft in Jerusalem. Bei Gesprächen mit ihrem Amtskollegen Silvan Schalom sowie mit Staatspräsident Mosche Katsav ging es nach Darstellung der israelischen Medien um die Wiederherstellung voller diplomatischer Beziehungen zwischen Österreich und Israel. Auch ein Besuch in der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem stand auf dem Programm.

Israel hatte seine diplomatischen Beziehungen zu Österreich heruntergestuft, als im Februar 2000 die erste ÖVP-FPÖ-Koalition vereidigt wurde. Jerusalem warnte damals vor „dem schlimmen Phänomen einer westeuropäischen Regierung mit neonazistischen Elementen“. Israel war seither mit Avraham Toledo nur durch einen Geschäftsträger vertreten.

Inzwischen wird das offenbar nicht mehr so eng gesehen. Ariel Scharon, wegen seiner aggressiven Politik gegenüber den Palästinensern international in der Kritik, braucht Verbündete. Die FPÖ ist von 27 auf zehn Prozent der Wählergunst abgestürzt und verliert bei Regionalwahlen weiter. Das wird den Österreichern zugute gehalten. Und mit der Einrichtung von Entschädigungsfonds für Holocaust-Opfer und ehemalige Zwangsarbeiter konnte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel positive Signale senden, auch wenn sich die Regierung gegenüber dem Begehren der Wiener israelitischen Kultusgemeinde nach höheren Subventionen knausrig zeigt. Sowohl die Kultusgemeinde als auch die Opposition haben sich für die Aufwertung der diplomatischen Beziehungen eingesetzt.

Wenige Länder haben derart wechselvolle Beziehungen zu Israel wie das Heimatland des Erfinders der Idee des Judenstaates, Theodor Herzl. Als Bundeskanzler Bruno Kreisky (SPÖ) 1980 als erster westlicher Regierungschef die PLO unter Jassir Arafat anerkannte und sich für eine Lösung des Palästinenserproblems einsetzte, war Israel verstimmt. Mit der Wahl von Kurt Waldheim (ÖVP) zum Präsidenten im Jahre 1986 wurden die diplomatischen Beziehungen erstmals auf Geschäftsträgerebene heruntergestuft. Waldheim hatte seine Vergangenheit als SA-Mitglied verschwiegen. Die ihm vorgeworfene Verwicklung in Gräueltaten der Wehrmacht auf dem Balkan konnte aber nie nachgewiesen werden.

Erst nach seiner Amtszeit 1992 bekam Wien wieder einen Botschafter. Bundeskanzler Franz Vranitzky (SPÖ) brachte bei einem Israelbesuch mit einem Bekenntnis zur lange geleugneten österreichischen Verantwortung für die Holocaust-Opfer die Beziehungen ins Lot.

Eine Verantwortung, die die rechtspopulistische FPÖ bis heute nicht sehen will. Jörg Haider hatte zuletzt jüdische Vertriebene als Leute bezeichnet, „die während der Wirren des Zweiten Weltkrieges emigriert“ seien.

RALF LEONHARD