Das Abendland ist in Gefahr

Homosexuelle sollen künftig Stiefkinder adoptieren dürfen. Bundeswehrsoldaten wird die Karriere versperrt, weil nur Frauen befördert werden. Im Wallfahrtsort Altötting wollen Homosexuelle demonstrieren. Was soll nur aus Deutschland werden?

BERLIN taz ■ Soldatinnen am Hindukusch – ihre Männer daheim, Kinder hütend, welche die Mutter missen. Männer und Frauen, die nicht einander heiraten, sondern beim gleichen Geschlecht die Liebe suchen. Nachrichten aus Deutschland von diesem Mittwoch. Soldatinnen bei der Bundeswehr sollen bei Beförderungen bevorzugt werden, Homophilen und Lesbierinnen soll die Ehe nahe gebracht werden. Ein schwerer Tag. Das alles will die rot-grüne Regierung beschließen.

In Deutschland werden die Werte des Abendlandes mit Füßen getreten, behandelt, als seien in ihr nicht die besten Traditionen unserer Menschwerdung als Zeugnisse wahrer Humanitas geborgen. Joseph Kardinal Ratzinger warnt nicht umsonst aus dem Vatikan: „Wenn sich nun aber einerseits das eheliche Zusammenbleiben immer mehr von seinen juristischen Formen ablöst und andererseits homosexuelle Gemeinschaften immer mehr in den Rang einer Ehe drängen, dann ist es keine Diskriminierung, darin eine Auflösung des alten europäischen Menschenbildes zu erkennen, deren Konsequenzen nur sehr schwer sein können.“

Das können, das wollen offenbar die Roten und Grünen in Berlin nicht begreifen – als seien sie Wegbereiter der Apokalypse, wollen sie, die, recht besehen antichristlich genug, schon vor drei Jahren für Homosexuelle einen Lebensbund beschlossen, ihn nur der Ehe gleicher machen, als den Familien und deren Kindern gut tun kann. Kann es denn im Sinne der Liebe sein, wenn ein Kind zu einer Frau Papa sagt und eine andere Frau Mama genannt werden muss? Ist es gut, wenn Kinder aufwachsen, wo zwei Männer tun, was ihnen nicht mehr verboten werden kann, wo keine Seelsorge fruchtet und kein mahnendes Wort der Mäßigung?

Nicht allein in Deutschland ist der Kummer groß, dass nicht mehr ist, was einmal gut war: Sie küssen sich vor unseren Fenstern und wollen, was nicht gewollt werden kann – das Gute und Bewahrenswerte. Der Furor kennt keine Grenzen. In Schweden muss gar ein Pfarrer eine Gefängnisstrafe in Kauf nehmen, weil er von der Kanzel Homosexuelle als des Teufels Boten genannt hat. Vielleicht eine zu harte Meinung, aber wo kommen wir hin, wenn nicht mehr gesagt werden darf, was vor 100 Jahren noch den Beifall eines jeden Christenkindes fand? Sogar in Spanien, wo einst die Inquisition eine kummervolle Kommunikationspraxis des Christentums stiftete, soll die Ehe nicht mehr ein Band von Mann und Frau sein – Homosexuelle sollen sich unter diesem Namen sammeln können.

Der Flut der Anfechtungen nicht genug, muss in Altötting, wo das Wort des Herrn doch noch Gewicht hat, am Wochenende hingegenommen werden, dass eine gottlose Prozession den Ort des Wallfahrens belärmt: Ein Umzug namens Christopher Street Day darf dort paradieren. Ein schmerzhafter Vorgang, den der Bürgermeister des unbefleckten Ortes mit dem Wort kommentierte: „Es gibt Dinge, die tut man einfach nicht.“ Ein Mann, der weiß, was lauter ist und rein – und eine flehende, wunde Stimme im Getöse des narzisstischen Zeitgeistes. Tröstlich, dass im CSU-Internetforum ein Mensch darauf hinweist, dass die Bibel die paradiesische Geschichte von Adam und Eva überliefert, nicht die von Detlev und Oscar.

Eine Orgie des Hier und Jetzt, ein Flammenmeer an Flüchtigkeit: Deutschland, ja Europa sind nicht mehr, was sie einmal sein durften. Landschaften der Schönheit, der Demut und der guten Ordnung. Das gilt erst recht für die Dinge der Verteidigung. Frauen werden künftig bei der Bundeswehr bevorzugt. Vollkommen zu Recht urteilen Annette Widmann-Mauz (CDU) und Christian Schmidt (CSU) einträchtig: „Quoten führen dazu, dass Frauen automatisch befördert werden, ohne dass sie sich qualifizieren müssen.“

Selbst ein empfindsamer Beobachter einer falsch verstandenen Moderne wie Gerhard Amendt, ruheständiger Professor für Geschlechtsforschung in Bremen, sagt nun: „Wenn Frauen sich im militärischen Bereich durchsetzen, der mit der Tötung von Menschen assoziiert wird, dann schleift sich das idealisierte Bild von der friedfertigen Frau ab.“

Wollen wir Frauen, die die Mutter in sich negieren und lieber an der Waffe dienen? Gott sei Dank sagt einer wie Wolfgang Bosbach, ein Spitzenmann der Union im Bundestag, er hoffe, dass das „alles nur ein Scherz“ sei.

Nein, das ist mitnichten einer, die „rot-grüne Chaotenregierung“ (CSU-Internetforum) meint es ernst. So ernst, wie eine Sünde nur sein kann, findet sie nun bei der „Verhöhnung der Familie“ durch die Homoehe (gleiches Forum) ihren Ausdruck oder bei der Idee, uns wehrhaft zu machen durch die Frau an der Waffe. Hört auf die Stimmen des Volkes, geht in dieses Internetforum!

JAN FEDDERSEN

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