Neoliberaler Kreuzzug läuft in den Ausschuss

Der Antrag der FDP, eine Sonderwirtschaftszone im Ruhrgebiet zu schaffen, lehnen die anderen Parteien ab

DÜSSELDORF taz ■ Die Fraktion der FDP hat gestern im Düsseldorfer Landtag dazu aufgefordert, für die Region des Ruhrgebiets eine Reihe von Gesetzen auszusetzen, um so der Wirtschaftsregion neue Impulse zu verleihen. Unter anderem sollte das NRW-Parlament nach dem Willen der Liberalen, das Tariftreuegesetz für das Ruhrgebiet außer Kraft zu setzen, den Ruhrgebietsgemeinden die Möglichkeit zu geben, ihre Steuersätze selbst festlegen zu können, den zweiten Berufsschultag für Auszubildende im Ruhrgebiet abzuschaffen und die Abwasserabgabe auszusetzen. Das von der FDP vorgeschlagene Modellprojekt soll fünf Jahre laufen.

Die strukturellen Probleme ließen sich nicht durch Finanztransfers dauerhaft lösen, das hätten die vergangenen Jahre gezeigt, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Düsseldorfer Landtag, Gerhard Papke. Es müssten endlich Anreize für Unternehmer geschaffen werden, sagte er. Denn „die Selbstständigenquote im Ruhrgebiet liegt 22 Prozent unter dem Landesdurchschnitt und das Bundesland selbst liegt dabei schon 10 Prozent unter dem Durchschnitt der alten Bundesländer“, sagte Papke. Er forderte die rot-grünen Regierungsfraktionen auf, im Bundesrat einen entsprechenden Antrag zu stellen, „allein das wäre schon einmal ein Aufbruchssignal“.

Werner Bischoff, SPD-Mitglied im Wirtschaftsausschuss des Landtages, nannte die Forderungen der Freidemokraten einen „Horrorkatalog“, der wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes innerhalb der EU sowieso nicht durchsetzbar sei. „Er beschreibt einzig und allein das konservative Netzwerk innerhalb der FDP“, sagte Bischoff. „Wie glauben Sie, die innerbetriebliche Mitbestimung und das Tarifrecht in Gelsenkirchen außer Kraft setzen zu können und in Coesfeld nicht?“, fragte Bischoff.

Auch die CDU sieht für den Antrag der FDP keine Chance in einem Kerneuropa, „in dem, die Regionen miteinander konkurrieren“, sagt Christian Weisbrich, wirtschaftspolitischer Sprecher der Landtags-CDU. Die SPD habe es versäumt, mit der Schaffung eines starken Regionalverbandes Ruhr eine Verwaltungsstruktur zu schaffen, die die Region in Europa wettbewerbsfähig mache. Der Antrag der Liberalen sei „in seiner Begrifflichkeit problematisch und im Inhalt bedenklich“, sagte Weisbrich.

Die Grünen im Landtag nutzten die Debatte, um „mehr Initiative für regenerative Energien im Ruhrgebiet“ zu fordern. Zudem forderte Rüdiger Sagel, wirtschaftspolitischer Sprecher der Landtagsgrünen, mehr Geld vom Bund, „fünf Milliarden Euro bis 2010“ und EU-Mittel über das Jahr 2006 hinaus. „Wir wollen keine Neiddebatte“, sagte Sagel, aber es könne nicht sein „dass eine Stadt wie Gelsenkirchen mit einer Arbeitslosigkeit von 16,6 Prozent „wegen des Solidarpakts den Osten finanziert“. Die Fraktionen im Landtag beschlossen anschließend einstimmig, das Thema im Wirtschaftsausschuss des Landtages weiter zu behandeln. ELMAR KOK