WAS MACHT EIGENTLICH ...die Junge Union?
: Die Liebe entdecken

Als liberales Gewissen der CDU galt die Berliner Junge Union (JU) zu Recht noch nie. Aber so ist das mit den Jugendorganisationen: Hier tobt sich als Orthodoxie aus, was später, wenn’s um Posten geht, wieder sanft in einen inneren Orbit der Mutterpartei einschwenkt.

Gestern hatte sich die JU etwas ganz Besonderes ausgedacht: Zur Einführung von Horst Köhler ins Bundespräsidentenamt verteilte sie Aufkleber. Schwarz-rot-gold unterlegt prangte darauf das Köhler’sche „Ich liebe unser Land“. Für die Jungmerkelianer ein Zeichen, dass der Mann sich zu „weltoffenem Patriotismus“ bekennt. Das daraus erwachsende „positive Gemeinschaftsgefühl“ betäube den Schmerz „notwendiger Reformen“. In Wirklichkeit spekuliert man auf eine Art Neuauflage der „geistig-moralischen Wende“ von 1982, die die Wahl Köhlers quasi antizipiert.

Mal abgesehen davon, dass die Idee von der taz geklaut ist (am 25. Mai druckten wir Buttonvorlagen mit dem Köhler-Credo): Vaterlandsbesoffenheit ist wieder en vogue. Wer am Dienstag ARD oder ZDF einschaltete, wurde Zeuge einer hässlichen Zeremonie: des für Johannes Rau aufgeführten „Großen Zapfenstreichs“ mit Schellenbaum und Fanfare, Stahlhelm und Fackel, eines auch musikalisch unwürdigen Schauspiels des preußischen Militarismus, das Rau als „schöne Tradition“ verklärte. Überhaupt trägt man Fackeln wieder gerne.

Aber immerhin sind die JUler nicht „stolz, Deutsche zu sein“. Liebe ist bekanntlich etwas Subjektives. Lieben kann man seine Frau (wie Heinemann), Fußball oder Kohlrouladen. Sogar Deutschland. Da wollen wir keinem reinreden. CLP FOTO: JU