Antiterrorkampf bedroht Menschenrechte

Institut für Menschenrechte kritisiert Vorgehen der USA und Großbritanniens. Systematische Beobachtung gefordert

BERLIN taz ■ Der so genannte Kampf gegen den Terror unterminiert nach Einschätzung des Instituts für Menschenrechte grundlegende humanitäre Rechte. Das sind die Ergebnisse einer Studie, die das Institut gestern in Berlin vorstellte und in der die Maßnahmen der Terrorismusbekämpfung durch die USA und Großbritannien untersucht wurden. Es bestehe die Tendenz, nur militärisch oder polizeilich auf diese Herausforderung zu reagieren, stellte das Institut fest. Beklagt wurde auch die mangelnde unabhängige Beobachtung von Krisengebieten. In Afghanistan etwa habe es „offensichtlich eine Zahl von Massakern“ gegeben, allerdings gebe es von Seiten der westlichen Streitkräfte nicht einmal eine offizielle Zahl der zivilen Opfer, so der Politikwissenschaftler Wolfgang Heinz.

Die Maßnahmen gegen den Terror würden „rechtsfreie Inseln“ entstehen lassen, etwa bei der Internierung von mutmaßlichen Al-Qaida-Kämpfern in Guantánamo Bay durch die USA. Auch die Bundeswehr sei gefordert. Sie müsse vor künftigen Antiterror-Einsätzen bedenken, an welche Staaten Gefangene übergeben werden sollen. Diese Frage stelle sich gerade bei der Arbeit der Krisenreaktionskräfte, so Heinz. Auch müsse diskutiert werden, ob deutsche Einheiten künftig eigenständig über Menschenrechtsverletzungen informieren sollen, so die Studie. Heinz forderte die UN auf, in Krisenregionen ständig vor Ort zu sein und Menschenrechtsverletzungen mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Bisher werde darüber auf „etwa einem DIN-A4-Blatt“ berichtet, so der Wissenschaftler, notwendig sei eine systematische Beobachtung.

Das Institut für Menschenrechte wird aus Bundesmitteln finanziert, arbeitet jedoch regierungsunabhängig. Am Freitag tritt der Konfliktforscher Heiner Bielefeldt als neuer Direktor sein Amt an. Vorausgegangen war eine lange Suche, nachdem sein Vorgänger, der Berliner Verwaltungsrichter Percy MacLean, nach nur einem halben Jahr zurückgetreten war. MacLean sah die Aufgaben des Instituts in der Umsetzung der Menschenrechte in Deutschland, etwa bei Abschiebungen. Das Instituts-Kuratorium erwartete dagegen eine Prioritätensetzung auf internationalere Probleme. Die stellvertrende Direktorin Lisa Seidensticker stellte gestern gegenüber der taz allerdings klar, dass sich das Institut auch weiterhin nur mit solchen Themen beschäftigen werde, die relevant für Deutschland seien. Jedoch sei es „künstlich, eine Trennung zwischen Deutschland und dem Ausland zu ziehen“. MAX HÄGLER