Herkules-Aufgabe in nächtlicher Sitzung

Rüstung: Der Kauf neuer Eurofighter ist so gut wie unter Vertrag. Um die IT-Modernisierung wird noch gerungen

BERLIN taz ■ Gestern Abend haben die Vertreter der Industrie und des Bundesverteidigungsministeriums einen letzten Versuch unternommen, das milliardenschwere IT-Projekt „Herkules“ doch noch in geplanter Form zum Leben zu erwecken. Ein Scheitern wurde aber am Nachmittag in Berlin nicht ausgeschlossen. „Die Gespräche sind ergebnisoffen“, hieß es im Ministerium.

Mit dem Projekt „Herkules“ will die Bundeswehr ihre gesamte Informationstechnologie modernisieren. Dazu soll die jetzt noch in viele EDV-Inseln aufgespaltene Infrastruktur an einen privaten Dienstleister übergeben werden. Dieser soll ein einheitliches Netz daraus machen und zehn Jahre auch die technische Wartung übernehmen.

Den Zuschlag für das Projekt hatte das Konsortium Isic 21 bekommen. Dahinter verbergen sich der IT-Dienstleistter CSC Ploenzke, der Rüstungskonzern EADS und die Telekomfirma Mobilcom. Das Konsortium sollte laut Ausschreibung 665 Millionen Euro pro Jahr erhalten.

Die Unternehmen fordern nun aber unbestätigten Presseberichten zufolge insgesamt rund 500 Millionen Euro mehr. Das Ministerium hatte dem Konsortium eigentlich eine Frist für ein akzeptables Angebot bis zum 30. Juni gesetzt. Sollten sich beide Seiten nicht einigen, fällt der Auftrag dem im Vergabeverfahren unterlegenen Konsortium um die Telekom-Tochter T-Systems, IBM und Siemens zu.

Kritiker des Projektes sehen zwar, dass eine Modernisierung nötig ist, halten aber die angestrebte Lösung für überdimensioniert. Möglicherweise sorgt sich das Konsortium, dass es sich an der Herkules-Aufgabe verhoben hat. Denn innerhalb der Laufzeit dürften die Kosten für die Wartung und Modernisierung der IT-Infrastruktur steigen, sagte Christopher Steinmetz vom Berlin Information-Center for Transatlantic Security (BITS). „Die Industrie scheint nicht bereit, die Dienstleistung ohne Flexibilität bei der späteren Preisgestaltung zu übernehmen.“ Er rechne aber nicht mit einem Scheitern von „Herkules“.

Etwas besser läuft es für die Rüstungsindustrie zurzeit bei anderen Projekten. So stimmten Verteidigungs- und Haushaltsausschuss jetzt der Beschaffung von Flugabwehrraketen für die Fregatten der Marine im Wert von 430 Millionen Euro und 388 Geländefahrzeugen für 66 Millionen Euro zu. Grünes Licht gaben beide Ausschüsse dem Verteidigungsministerium auch für die Vertragsunterzeichnung zur Beschaffung von 68 weiteren Eurofightern. Allerdings wollen die Ausschüsse die noch nicht vorliegenden Verträge nach der Unterzeichnung während der Sommerpause prüfen. Erst danach werden die Papiere rechtsgültig.

Die Parlamentarier wollen so eine mögliche weitere Festlegung zur Bestellung der dritten Tranche verhindern. „Angesichts der realistischen Bedrohungslage besteht kein Bedarf an 180 Kampfflugzeugen“, erklärte Alexander Bonde (Grüne), der in beiden Ausschüssen sitzt. Das Ziel bleibe weiter, die Stückzahl der dritten Tranche zu reduzieren. Der Bundestag hatte 1997 grundsätzlich beschlossen, insgesamt 180 Eurofighter zu bestellen. STEPHAN KOSCH