„Samen streuen“

Nach Spanien: Endlich Luft zum Atmen – Biff und Diana Simpleton träumen vom Leben in ihrem Haus bei Alicante

Wenn Biff und Diana Simpleton* vom vergangenen Spanienurlaub in ihrem Haus nahe Alicante erzählen, geraten sie ins Schwärmen. Endlich Luft zum Atmen, kein Stress, das Leben spielt sich auf der Straße und nicht in den vier Wänden ab, die netten Nachbarn – ein Traum.

Zurück in Berlin, empfand Diana ihre Heimatstadt als das deprimierende Gegenstück: „Wir waren so enttäuscht, wieder hier zu sein.“ Biff, dem gebürtigen Briten, „ist fast die Unterlippe auf den Boden gefallen“. In den Tagen nach dem Urlaub konzentrierte sich alles auf den Gedanken „Wir wollen weg – so bald wie möglich“. Knall auf Fall kündigte Diana ihren Job als Teamleiterin bei einer großen Bank. Der Job macht ihr eigentlich Spaß, sagt sie, wäre da nicht der ständig steigende Druck: „Den muss ich an meine Mitarbeiter weitergeben, und dafür bin ich nicht der Typ. Außerdem gehöre ich nach elf Jahren in dem Laden inzwischen zum Antiquariat.“

Ihre Entscheidung ist keine Kurzschlussreaktion einer gestressten Geschäftsfrau, die sich nach Ruhe sehnt. Die Idee, auszuwandern, hatte die 34-Jährige schon vor acht Jahren – ebenfalls während eines Spanienurlaubs. „Damals war ich noch Single und hatte nicht den Mut zu diesem Schritt.“ Im Dezember heiratete sie Biff. Die Feier sollte zur großen Abschiedsparty werden. Auch Biff wollte nicht auf ewig in Deutschland bleiben. Schon vor einigen Jahren hatte er deshalb das Haus in Spanien gekauft. Damals hatte der Disponent einer Elektrogroßhandelsgesellschaft vor, noch bis zum 50. Lebensjahr zu arbeiten. Heute ist er 43. Die beiden richteten das Haus gemeinsam ein, und so reifte die Idee, nicht länger zu warten.

Jetzt, wo sie den Schritt gemacht hat, ist Diana nervös und aufgeregt. Sie spricht hastig und atemlos, wenn sie von ihren Plänen erzählt. Biff malt ihre Zukunft in blumigen Metaphern aus: „Wir werden Samen streuen und sehen, welche Bäume wachsen.“ Er nimmt sein kleines Studio mit und wird sich als Musiker probieren, Kunsthandwerk produzieren, Reparaturen anbieten. Sie will als Kosmetikberaterin arbeiten, was sie schon jetzt nebenher tut, Kunst schaffen und vielleicht Postkarten für die Touristen in ihrem Dorf gestalten. „Endlich kann ich meiner Kreativität freien Lauf lassen und die Früchte meiner Arbeit auch sehen“, sagt Diana.

Einen Masterplan haben die beiden nicht. Sie wollen einen neuen Lebensrhythmus, ihre Zukunft nicht bis ins Detail verplanen. „Wir sind schon sehr gespannt auf uns selbst“, sagt Diana. Ihr Domizil nahe Alicante muss nicht die Endstation sein. „Home is where the heart is“, sagt Biff lapidar – es ist nur ein Haus. „Man sollte nicht so sehr an Dingen kleben“, sagt Diana.

Trotzdem hatte sie es schwerer, ihre Heimat loszulassen, als Biff, der weiß, wie es ist, sich auf ein anderes Land einzulassen. „Ich liebe mein Berlin. Obwohl ich die Stadt erst so richtig zu schätzen weiß, seit klar ist, dass ich gehe.“ Auch ihre Familie reagierte nicht unbedingt begeistert. „Aber sie haben inzwischen akzeptiert, dass ich meinem Herzen folgen muss.“ SBE

* Namen geändert