Achtung, zuzahlen bitte!

Die landeseigene BVG rechtfertigt die ab morgen teureren Fahrscheine mit gestiegenen Kosten. Einzelticket kostet nun 2,20 Euro. Die Monatskarte ist seit 1997 um fast ein Viertel teurer geworden

von STEFAN ALBERTI

Bei den landeseigenen Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) drängen sich in diesen Wochen mehrere entscheidende Termine. Das jüngst vorgestellte Tarifkonzept für 2006 etwa, gleich heftig kritisiert. Oder das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, das die BVG aufatmen ließ, weil es die jährlichen Senatszuschüsse billigte. Und morgen muss sicher sein, dass ein paar tausend Geräte Fahrscheine mit neuen, fast durchweg erhöhten Preisen ausdrucken. Für Vertriebsleiter Klas Beyer ist das keine Frage: „Das läuft – und das sage ich mit ganz fester Stimme.“

Von Tests erzählt Beyer und davon, dass man die eigentliche Feuerprobe schon bei der Euroumstellung Anfang 2002 bestanden habe. Vorbei die Zeiten, als noch an jedem Gerät ein Rädchen gedreht werden musste: 700 U-Bahn-Automaten und rund 1.000 Geräte im Zeitungs- oder Lottoladen, vernetzt mit der BVG-Zentrale, bekamen die neuen Preise direkt. Allein an die 600 Geräte in den Trams und an die Kassen in den Bussen musste noch jemand ran.

Nach Vorstellungen der BVG hätte das alles schon vor einem Jahr passieren sollen. Ihr Aufsichtsrat hatte sich für eine Tarifanhebung zum 1. August 2002 ausgesprochen. Damit stieß er jedoch auf Kritik. „Fantasielos und rückwärts gewandt“ nannte beispielsweise Grünen-Verkehrsexperte Michael Cramer das Vorhaben. Von Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) hieß es, die BVG sollte zwar ihre Einnahmen erhöhen, um das Unternehmen zu sanieren. Das aber sollte durch mehr Kunden passieren, nicht über höhere Preise. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) hingegen vertrat die Auffassung, der Nahverkehr dürfe sich nicht von der allgemeinen Preisentwicklung abkoppeln.

Grünes Licht für die jetzige Fahrpreiserhöhung gab es nur mit der Auflage, das komplette Tarifsystem zu überdenken. Erste Pläne dazu sickerten vor einigen Wochen durch. Genaueres soll Mitte August folgen. Demnach werden ab 2006 die Fahrpreise je Kilometer abgerechnet, ein elekronischer Fahrschein soll die bisherigen Papiertickets ablösen.

Das aber soll erst 2006 anstehen. Die ab morgen gültigen neuen Fahrscheine sind wie gehabt aus Papier. Hier die Erhöhungen bei gängigen Fahrscheinen jeweils für den Bereich AB:

– Die Kurzstrecke kostet unverändert 1,20 Euro.

– Für den Einzelfahrschein werden 2,20 statt 2,10 Euro fällig.

– Die Monatskarte Standard kostet 58,50 statt 56 Euro.

– Die Monatskarte Premium: 67,30 statt 64 Euro.

– Billiger werden die 7-Tage- und die Kleinstgruppenkarte.

Aus Fahrgastsicht sei der 1. August „ein nicht gerade erfreuliches Datum, aus Unternehmenssicht jedoch ein nicht zu umgehendes“, kommentiert die BVG. 9 U-Bahn-Linien, 165 Buslinien und 28 Tramlinien würden „enorme Kosten“ verursachen, Preissteigerungen bei Treibstoff und Energie würden auch um die BVG keinen Bogen machen. „Jedes Wirtschaftsunternehmen versucht, diese Kosten zu einem bestimmten Teil auf die Kunden umzulegen“, rechtfertigt sich das Unternehmen.

Ob die jetzige Erhöhung bis zur kompletten Tarifreform 2006 die letzte ist, vermochte eine BVG-Sprecherin gestern nicht zu sagen. Auch die Frage nach den durch die höheren Preise erwarteten zusätzlichen Einnahmen blieb unbeantwortet.

Die jetzige Erhöhung ist laut BVG die zehnte Veränderung seit 1990. Die Kurzstrecke war 1996 mit umgerechnet 1,27 Euro teurer als ab morgen mit 1,20 Euro. Den Einzelfahrschein hingegen gab es für 2 Euro knapp 10 Prozent billiger als nun mit 2,20. Noch deutlicher ist der Unterschied bei der Monatskarte Standard. Die war 1997 für umgerechnet 47,55 Euro zu haben, ab morgen kostet sie 58,50 Euro – eine Preissteigerung um 23 Prozent.