Ruhrfestspiele fusionieren

Der Deutsche Gewerkschaftsbund ist nicht so unschuldig, wie er behauptet. RuhrTriennale-Intendant Gerard Mortier gibt sich bei einer Diskussion an der Ruhr-Universität Bochum kämpferisch

„Wir wollten verhindern, dass jemand vom DGB bei den Ruhrfestspielen Geschäftsführer wird.“

VON PETER ORTMANN

Mit schnellen Schritten rein in den Hörsaal. Kurzes Handshake mit den Professoren. Freundliches Nicken in Richtung Studenten-Publikum, dann ernster Blick auf einen Handzettel. Trotz arger Zeitnot kam Noch-RuhrTriennale Intendant Gerard Mortier am Donnerstag zu einer Diskussions-Veranstaltung der Theaterwissenschaftler an die Ruhr-Universität Bochum. Fehlende Präsenz in der Region konnte dem künftigen Chef der Pariser Oper nie jemand vorwerfen.

Wenig später blitzt es gefährlich in seinen Augen und Mortiers Körper strafft sich zum Angriff gegen den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), der seiner Meinung nach Ursache dafür ist, dass ein ganzes Bundesland in Verruf gekommen ist, besonders durch Ingrid Sehrbrock, die DGB-Aufsichtsratsvorsitzende bei den Festspielen, die den Berliner Intendanten Frank Castorf nach nur einer Spielzeit wieder in die Wüste schicken will. „Es kann in Recklinghausen nicht darum gehen, dass diese Frau ihre Abende gesellig organisiert“, sagt der Belgier ungehalten. Die Kapitalisten, Mortier nennt Krupp und Hochtief, und der DGB, das seien die zwei großen Gegner bei der Neuausrichtung der Spiele gewesen. Die wollten, dass weiterhin reich Gewordene im Abendkleid im gläsernen Vorbau des Festspielhauses herum laufen können. „Dabei sei der Umbau des gesamten Hauses damals bereits miserabel gewesen.“ Die Akustik sowieso.

Mortier redet sich langsam in Rage. Schon bei Castorfs Bestellung habe der DGB konspirativ gegen das Land und die Triennale gearbeitet und wollte unbedingt einen Geschäftsführer bei den Ruhrfestspielen stellen. „Das Auge von Moskau“ wäre das gewesen und nur deshalb habe der Volksbühnen-Intendant diesen Posten übernommen. „Wir wollten nicht dass jemand vom DGB Geschäftsführer wird“, sagt Mortier, denn Geschäftsführer, die gegen den Intendanten arbeiten, würden keine zusätzlichen Sponsorengelder hereinholen. Mit Reinhard Strehlau, Hansgünter Heymes ehemaligem Merchandising-Chef, und Jochen Laux vom Bundesvorstand des DGB nennt Mortier zum ersten Mal auch einzelne Namen, die an den „unerträglichen Verhandlungen vor Frank Castorfs Ernennung“ beteiligt waren.

Jetzt will der Gründungs-Intendant der RuhrTriennale Kulturminister Michael Vesper zwei Vorschläge machen. Entweder es gibt eine Fusion der Ruhrfestspiele mit der Triennale, für diesen Fall hat Mortier bereits zusätzliche Mittel von der Kultur Ruhr GmbH angekündigt, und der Gewerkschaftsbund steigt komplett aus seinem Festival aus, oder die Landesregierung solle ihre Subventionen total zurückziehen, weil es auch sein könnte, das der DGB allein weiter machen wollte. Mortier bevorzugt die erste Variante, denn dann könne durch eine Zusammenlegung der Logistik viel Geld gespart werden und die Verluste aus Castorfs erster Intendanz, „die fangen wir locker auf.“ Sprach‘s und hastete aus dem Hörsaal zum nächsten Termin in der Region. Frau Sehrbrock vom DGB hatte den Professoren in Bochum wenigstens abgesagt, Recklinghausens Bürgermeister und Castorf-Gegner Wolfgang Pantförder (CDU) ließ den Uni-Termin gerade erst prüfen.