: Mit Esoterik gegen City-Sterben
Die Bottroper Interessengemeinschaft Altstadt (IGA) will bundesweit für ihre Einkaufstraßen werben. Das ist auch dringend nötig: 30 Ladenlokale stehen bereits leer. Die IGA will deshalb nun Interessen bündeln
BOTTROP taz ■ Man sieht sie überall, in Wattenscheid oder Herne, in Bochum oder Bottrop: leer stehende Läden. Wo einst noch traditionsreiche Familien-Unternehmen ein piekfeines Sortiment feilboten, sind heute verwaiste Ladenlokale anzutreffen oder die berüchtigten Discounter, die Kitsch und Killefit für einen kleinen Euro raushauen. „Davon haben die Käufer die Nase voll“, weiß Dietmar Tiesmeyer und will es deshalb nun anpacken, das Problem der kleinen „Profi-Geschäfte“, die sich gegen Shopping-Zentren wie das Oberhausener „CentrO“ behaupten müssen.
Tiesmeyer ist Vorsitzender der Bottroper Interessengemeinschaft Altstadt, kurz: IGA, die gestern ein Konzept vorgestellt hat, mit dem in der Bottroper Altstadt wieder alles neu werden soll. Über 30 Leerstände sind hier derzeit zu beklagen. In Ermangelung kompetent geführter Fachgeschäfte will die IGA Vorreiter spielen mit einem Entwurf, der auch in anderen, vom City-Sterben betroffenen Städten als Wunderwaffe dienen könnte. Das meint zumindest Tiesmeyer. Die Idee, in einer Interessengemeinschaft aus Unternehmern, Bürgern und Hausbesitzern Ressourcen zu bündeln, ist allerdings nicht neu. In Bochum arbeiten beispielsweise schon lange verschiedene Gemeinschaften gegen die Leerstände in der Innenstadt an. Mit bislang mäßigem Erfolg: Neben etlichen anderen Ladenlokalen steht selbst das berühmte Kortum-Kaufhaus seit Jahren leer. Für viele Bochumer ist das unverständlich.
Die IGA geht die Sache allerdings anders an: Bundesweit will die Interessengemeinschaft für ihre Altstadt werben, auf unterschiedlichen Wegen: Mal über die Industrie- und Handelskammern, mal im Internet oder gar auf „Spionage“-Reisen in gut funktionierende Städte. Insbesondere wird nach Fachgeschäften gesucht, die der typische Bottroper Bürger laut einer von der IGA angezettelten Umfrage vermisst. An erster Stelle steht da ein Lampengeschäft, dicht gefolgt von Porzellan, Geschenkartikeln und Schuhen. Sonderbar ist dahingehend nur, dass unlängst erst ein namhafter Porzellan-Händler und ein Fachgeschäft für Brautmoden, für das angeblich auch Bedarf bestehe, geschlossen haben. Doch Bärbel Müller-Welt-Hahn wiegelt ab: Das habe nicht an der Stadt, sondern an den wirtschaftlichen Problemen der Betreiber gelegen. Ob diese mit dem Standort zusammen hingen, ließ die stellvertretende IGA-Chefin offen.
Damit die nächsten Geschäfte nicht in das selbe Schlamassel schlittern, haben sich dem Projekt auch etliche Hauseigentümer in der so genannten 1-B-Lage angeschlossen: „Sie wollen den neuen Mietern preislich entgegen kommen“, sagt Müller-Welt-Hahn und fügt triumphierend an, die IGA habe mit ihrem Konzept bereits die ersten Erfolge erzielt: Heute eröffne eine Schmuck-Boutique, ein Trachten-Geschäft habe kürzlich die Tore geöffnet und bald, hofft Müller-Welt-Hahn, komme auch noch ein Esoterik-Laden hinzu. Prima. Nur ein Problem hat die IGA noch: Keines dieser Geschäfte steht auf dem Wunschzettel der Bottroper Bürger.
BORIS R. ROSENKRANZ