Zwei Väter sind manchmal besser als einer

Für das Kölner Jugendamt kommen grundsätzlich auch schwule und lesbische Paare als Pflege- und Adoptiveltern in Frage. Das Beratungszentrum Rubicon lobt diese Aussage als „spektakulären“ Schritt in Richtung Gleichberechtigung

Köln taz ■ Einen Erfolg im Kampf um Gleichberechtigung verzeichnet das Kölner Beratungszentrum für Schwule und Lesben, Rubicon. Erstmals habe das Kölner Jugendamt verbindliche Aussagen zur Gleichstellung von schwulen und lesbischen Paaren bei der Pflegeelternschaft getroffen, teilte gestern Rubicon-Sprecher Stefan Meschig mit. Diese Entwicklung sei „spektakulär“, da nun „aufgeschlossene Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Pflegekinderdienst grünes Licht von oben“ hätten.

Anlass des Jubels von Rubicon: Bei dessen Veranstaltung „Gut fürs Kinderwohl?! – Lesben und Schwule werden Adoptiv- und Pflegeeltern“ vergangene Woche hatte der Abteilungsleiter für pädagogische und soziale Dienste im Jugendamt, Klüs Völlmecke, gesagt, die Verwaltung stehe „dem Wunsch, lesbischer und schwuler Paare, ein Kind aufzunehmen, grundsätzlich positiv und offen gegenüber“. Der taz sagte Völlmecke, bei der Antragsprüfung zähle „die Erziehungsfähigkeit, und die ist bei gleichgeschlechtlichen Paaren grundsätzlich nicht anders als bei gemischten Partnerschaften“.

Bei Pflegeelternschaften werden Kinder und Jugendliche, die nicht in ihrer leiblichen Familiebleiben können, für eine bestimmte Zeit in eine Ersatzfamilie vermittelt. Im Gegensatz dazu bekommen die neuen Eltern bei Adoptionen die volle Erziehungsberechtigung. Kinder in Pflegeelternschaft sind häufig traumatisiert und schwer erziehbar. „Hier gibt es mehr Fälle als Pflegeeltern“, sagt Völlmecke. Umgekehrt sei das Verhältnis bei den Adoptionen: „Hier kommen auf jedes vermittelbare Kind etwa zehn Neuanträge.“ Rechne man die nicht vermittelten Anträge hinzu, sei das Gefälle sogar noch größer. Meschig von Rubicon schätzt das Verhältnis von adoptionswilligen Eltern und zur Adoption frei gegebenen Kindern auf 60 zu 1.

Schwule und Lesben können Anträge für die Übernahme einer Pflegeelternschaft oder einer Volladoption bislang nur als Einzelpersonen stellen. Bei der Prüfung der Lebensumstände der Antragsteller seien sie in der Vergangenheit häufig mit Vorurteilen konfrontiert gewesen, berichtet Meschig. „Jetzt werden sich wesentlich mehr Paare trauen, diesen Schritt zu gehen.“ Eine Besserstellung der so genannten Ko-Eltern in lesbischen und schwulen Partnerschaften mit Kind sei auch in Sicht. Der Bundestag möchte mit der „Stiefeltern-Adoption“ die Verhältnisse bei Trennung, Scheidung und Tod klären. „Das würde vor allem in Regenbogenfamilien die Ko-Eltern stärken“, so Meschig. In „Regenbogenfamilien“ übernimmt beispielsweise der leibliche Vater eines mit einer lesbischen Mutter gezeugten Kindes eine Art Patenschaft, während die Mutter mit ihrer Lebensgefährtin das Kind großzieht.

Für Völlmecke sind die Klarstellungen über das Verhalten des Kölner Jugendamts garnicht „spektakulär“, sondern „letztlich nichts Neues“. Schließlich habe man in Köln mit der Vollzeitpflege „positive Erfahrungen gemacht“. Doch die unterdurchschnittlich niedrige Zahl von Anträge aus lesbischen und schwulen Partnerschaften zeigt, dass hier noch längst keine Normalität erreicht ist. „Bislang behandeln wir nur Einzelfälle“, sagt Völlmecke. Während bei den Pflegeelternschaften einige schwule und lesbische Ersatzeltern in den Stamm der Bewerber aufgenommen worden seien, gebe es bei Adoptionen bislang noch keine einzige Vermittlung.

SEBASTIAN SEDLMAYR

Interessierte Paare aus Köln können sich an den Pflegeelterndienst des örtlichen Bezirksjugendamts im zuständigen Bezirksrathaus wenden.