DIE BÜRGERVERSICHERUNG BELASTET GUTVERDIENER – DAS IST GERECHT
: Schlicht und gut

Als „Sozialismus pur“ hat der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes die Bürgerversicherung bezeichnet. Das war sehr verdienstvoll von ihm. Denn er hat damit öffentlichkeitswirksam zugespitzt, worum es bei der Idee geht, Beamte und Selbstständige in die gesetzliche Krankenversicherung zu holen: den Gutverdienern Privilegien wegzunehmen, um für die große Mehrheit die Gesundheitsversorgung zu erhalten. Tatsächlich ist die Bürgerversicherung eine klassische linke Idee, und die Diskussion um die Zukunft des Gesundheitssystems ist Klassenkampf in Reinkultur.

Die zehn Prozent der Bevölkerung, die sich dank hohen Einkommens oder staatlicher Bevorzugung im exquisiten Zirkel der Privatversicherten aufhalten, werden alles tun, um nicht die Krankheitskosten der Junkies, der Aidskranken, der herzkreislaufkranken Billigfraß-Plebs mittragen zu müssen. Die Zahlen der Rürup-Kommission – soweit durchgesickert – sagen glasklar: Eine Bürgerversicherung wäre eine Belastung für solche mit einem Einkommen über 50.000 Euro im Jahr. Das Gegenmodell, die „Kopfpauschale“, würde alle mit mehr als 42.000 Euro entlasten. Beide Alternativen würden besser als das bestehende System funktionieren.

Eine Diskussion über Bürgerversicherung und Kopfpauschale lohnt sich also, sie ist hochpolitisch, und sie ist notwendig. Sie sollte auch nicht damit abgewürgt werden, dass erst sämtliche Verschwendung aus dem System geräumt wird. Natürlich muss man das eine tun und das andere nicht lassen: Sicherlich wäre es sogar Politikern zuzumuten, sowohl über mehr Effizienz im System als auch über seine zukünftige Finanzierung nachzudenken. Bislang scheuen sie sich – ausnahmsweise nicht, weil die Materie so komplex, sondern weil sie plötzlich so schlicht ist. Es geht halt darum, wer draufzahlt: die Gutverdiener oder die Wenigverdiener. Ulkigerweise will die SPD auf keinen Fall mehr mit den Interessen Letzterer in Verbindung gebracht werden. Aber wenn Beamtenbund, FDP und CDU weiter so herumpöbeln, gewinnen die Sozialdemokraten daran vielleicht auch wieder ihren Spaß. ULRIKE WINKELMANN