„Wir überlegen schon, eine Partei zu gründen“

Der DJ Trauma XP organisiert die Fuckparade. Der Programmierer erzählt, wie sehr sich die Polizei freut, dass man so brav den Müll aufsammelt

taz: Trauma XP, braucht Berlin die Fuckparade noch?

Trauma XP: Ja. Dass nach Jahren auch andere auf die Idee kommen, für Musikkünstler zu demonstrieren, zeigt, dass uns jemand zugehört hat. Von der „Anti-Loveparade“ sind wir ja schon seit 2001 weg, als sie ihren offiziellen Demostatus verlor. Es geht uns um Milieuschutz in der Hauptstadt. Durch die „Stuttgarterisierung“ bekommen wir zwar saubere Fußgängerzonen, aber nicht unbedingt eine Stadt, in der man leben kann. Wenn man auf einem Platz nur sitzen kann, weil man für 5 Euro einen Latte Macchiato bestellt, ist das für mich kein öffentlicher Raum.

Haben Sie klare Forderungen an den Senat?

Ja, zum Beispiel fordern wir lebenswerte Städte. Dazu gehört, dass man auch Partys feiern kann. Die Verantwortlichen erkennen nicht, dass Städte nicht nur zum Geldverdienen und -ausgeben da sind. Subkultur gehört zur urbanen und zur Jugendkultur, daher fordern wir erleichterte Konzessionsverfahren für temporäre kulturelle Projekte. Auch wenn ich eine Location zwei Monate lang bespiele, muss ich neun Formulare in drei Ausführungen ausfüllen und dann erst einmal warten. Wir setzen uns für eine Reform des Gaststättengesetzes und für die Ausnutzung des Ermessensspielraums ein, den die Polizei auch bei illegalen oder Privatpartys hat: Warum kommen sie mit Mannschaftswagen, wenn es zwei Beamte mit einem zugedrückten Auge auch hätten erledigen können? Auch gegen Razzien und die Einschränkung des Demonstrationsrechts demonstrieren wir.

Wie haben Sie dieses Jahr die Musik während der Fuckparade genehmigt bekommen?

Die Versammlungsbehörde hat Redebeiträge mit Musik gestattet – schließlich darf ja auf jeder Gewerkschaftsdemo Musik gespielt werden. Und da die Fuckparade eine sehr politische Veranstaltung ist, können sie uns Musik, nachdem unsere Anwälte die letzten Jahre gute Urteile erfechten konnten, nicht verbieten. Unsere Musik – Gabba, Hardcore, Punk, Drum&Bass – ist per se politisch.

Und wie werden organisatorische Probleme entlang der Fuckparade-Strecke geregelt?

Der Sicherheitsaspekt wird von uns seit je berücksichtigt. An Start und Ziel haben wir Toiletten aufgebaut. Die Strecke haben wir extra so gewählt, dass sich die Teilnehmer mit Getränken während der Parade selbst versorgen können. Und die Polizei findet es immer toll, dass wir unseren Müll selber wegräumen.

Wie finanziert sich die Fuckparade?

Wir machen ein paar Partys, um die Gema-Gebühren, den Flyerdruck und die Toilettenmiete wieder reinzubekommen. Zum Geldverdienen machen wir die Parade garantiert nicht, mit den ganzen Anwaltskosten, eher das Gegenteil – deshalb überlegen wir auch schon, eine Partei zu gründen, vielleicht ist das das zeitgemäßere Ausdrucksmittel.

Was denken Sie über die Ersatz-Loveparade „Fight the Power“?

Na ja, wir haben immer kritisiert, dass die Love Parade noch einen Demostatus hatte und schon längst Straßenfest war, dabei aber keine authentische Repräsentation von Techno leisten konnte. INTERVIEW: JASNA ZAJCEK

Hinweis: TRAUMA XP, 36, heißt mit bürgerlichem Namen Martin Kliehm. Seit acht Jahren organisiert der Frankfurter die Loveparade-Antithese „Fuckparade“