Südostasien gegen West und Nord

Auf dem Asean-Gipfel in Indonesien grenzen sich die Staaten der Region kollektiv von EU und USA ab. Auf eigene Faust betreiben manche von ihnen allerdings das Gegenteil

JAKARTA taz ■ Der diesjährige Asean-Gipfel in Indonesiens Hauptstadt Jakarta war gespickt mit komplexen Themen: Gespräche über Nordkoreas Nuklearprogramm, Streit über die starre Haltung der birmesischen Militärs und die festgefahrene Sicherheitspolitik in Südostasien. Entscheidend voran kamen die Teilnehmer des Asean-Treffens und des regionalen Sicherheitsforum ARF dabei nicht. Zwar trafen sich US-Außenminister Colin Powell und sein nordkoreanischer Kollege Paek Nam Sun zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder persönlich – allerdings ohne erkennbaren Fortschritt. Als Erfolg hingegen suchten die Asean-Außenminister ihren Beschluss zu verkaufen, bis 2020 einheitliche Standards in Sicherheits-, Wirtschafts- und soziokulturellen Fragen innerhalb des südostasiatischen Staatenbundes zu schaffen.

Doch wie so oft innerhalb der Asean konnte man sich nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen, um kein Mitglied vor den Kopf zu stoßen. Die Konsequenz war, dass ursprüngliche Vorstellungen entweder verwässert oder ganz gestrichen wurden. Gestrichen wurde der Vorschlag, die Asean-Staaten zu freien und regelmäßigen Wahlen zu verpflichten. Denn ein solcher Beschluss hätte sich vor allem für das Mitglied Birma peinlich ausgewirkt. Über die ausbleibenden politischen Reformen in dem von Militärs regierten Land entzündete sich ein heftiger Streit zwischen der EU und Asean, wodurch der für Oktober in Hanoi geplante Europa-Asean-Gipfel zu platzen droht. Die EU besteht darauf, dass Birma angesichts der Weigerung, Oppositionsführerin Suu Kyi freizulassen, nicht an dem Treffen teilnehmen dürfe. Asean hatte im Gegenzug angedroht, die 10 neuen EU-Mitgliedsländer wieder auszuladen. Eine Stellungnahme der Asean, den anhaltenden Hausarrest Aung San Suu Kyis nachhaltig zu verdammen, war dahin gehend verwässert worden, dass man Birma lediglich „ermutigen“ wolle, alles Notwendige für eine Demokratisierung zu unternehmen.

Mehrfach hat Südostasien dem Westen Doppelmoral vorgeworfen: Die US-geführte Intervention im Irak und die Folterungen würden die Menschenrechte verletzen und den Terrorismus nur noch mehr anheizen. Die offensichtlich zunehmenden Ressentiments gegen die USA waren erst kürzlich deutlich geworden: Unter dem Vorwand, über den Kampf gegen den internationalen Terror zu verhandeln, hatte US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld im Sinn, möglichst bald US-Truppen in Südostasien zu stationieren, was Malaysia strikt ablehnt. Eine dauernde Präsenz von US-Truppen wäre auch nach Auffassung Thailands eine Einmischung in interne Angelegenheiten. Allerdings haben es die Asean-Länder bislang nicht geschafft, eine eigene, regional übergreifende Sicherheitspolitik durchzusetzen.

Beispielsweise hatte Indonesien die Einrichtung von Asean-Friedenstruppen vorgeschlagen. Diese sollten helfen, bewaffnete Konflikte in der Region oder darüber hinaus zu beenden. Doch manche Asean-Mitglieder fühlten sich dadurch überrumpelt, und Thailand und die Philippinen entschieden stattdessen im Alleingang, mit den USA zu vereinbaren, Truppenkontingente in den Irak zu schicken. NICOLA GLASS