Die Blockade der WTO dauert an

Letztes informelles Treffen vor der Ministerkonferenz von Cancun ohne Ergebnisse

GENF taz ■ Die im November 2001 von der letzten Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) ausgerufene „Entwicklungsrunde“ bleibt blockiert. Ohne greifbare Ergebnisse endete am Mittwoch der Versuch von 25 der 146 WTO-Mitglieder, bei einem dreitägigen informellen Treffen in Montreal zumindest bei einigen der zahlreichen umstrittenen Themen Formelkompromisse zu finden, die sich dann auf der nächsten Vollkonferenz der 146 Handelsminister Anfang September im mexikanischen Cancun als Fortschritt darstellen ließen. Haupthindernis ist nach wie vor die Weigerung der EU und der USA, ihre Produktionsbeihilfen und Exportsubventionen für einheimische Agrarprodukte sowie die Zölle für landwirtschaftliche Importe aus dem Ausland in dem von den Ländern des Südens verlangten Maße abzubauen.

Oxfam und andere WTO-kritische Nichtregierungsorganisationen (NRO) monierten den „undemokratischen Geheimcharakter“ des Montrealer Treffens. Nach friedlichen Protesten mehrerer tausend Globalisierungskritiker und einigen gewalttätigen Ausschreitungen in der Nähe des Konferenzhotels nahm die Polizei allein bis gestern Morgen über 200 Personen fest.

EU-Agrarkommissar Franz Fischler bezeichnete die im Juni beschlossene Reform der gemeinsamen Agrarpolitik als ausreichende Vorleistung der EU und forderte die USA zu entsprechenden Maßnahmen auf. Die EU will in den nächsten zwölf Jahren produktionssteigernde Direktbeihilfen an die Bauern schrittweise ganz abbauen und durch Zuschüsse für umweltgerechte Agrarwirtschaft und die Erhaltung von Kulturlandschaften ersetzen. Der Handelsbeauftragte der Bush-Administration, Robert Zoellick, schloss entsprechende Schritte der USA aus. Es gilt in WTO-Kreisen als höchst unwahrscheinlich, dass die Bush-Administration vor den Präsidentschaftswahlen im November 2004 irgendwelche Maßnahmen ergreift, die die US-Farmer verärgern könnten.

Die 14 agrarexportierenden Staaten der Cairns-Gruppe (unter anderem Australien, Kanada, Brasilien, Argentinien) sowie Indien, Südafrika und andere in Montreal vertretene Staaten Asiens und Afrikas kritisierten die angekündigte Reform der EU als unzureichend und monierten, dass die weltmarktverzerrenden Exportsubventionen an die europäischen Bauern erhalten bleiben sollen. Zudem forderten sie von den Industriestaaten einen deutlichen Abbau der Zölle gegen Agrarimporte.

Über den Umfang und die Modalitäten des Abbaus erzielten die Industriestaaten auch in Montreal keine Einigung. Die EU und Japan, die die höchsten Zölle haben, sind nur zu einem prozentualen Abbau bereit. Die USA und Kanada fordern von Brüssel und Tokio jedoch eine Absenkung auf dasselbe absolute Niveau. Schließlich lehnen die USA weiterhin die Forderung der EU ab, dass 36 landwirtschaftliche Markenprodukte wie Parmaschinken, Bordeauxwein oder Parmesankäse geschützt und nur von den europäischen Erzeugerstaaten unter diesen Namen auf dem Weltmarkt vertrieben werden. ANDREAS ZUMACH