Tausendfüßler auf Speed

Inline-Skater aus dem In- und Ausland rollten gestern mit bis zu 60 Sachen durch Bochum. Der „Bochum Blade Express“ ist der bundesweit einzige Bergmarathon. Zuschauen wollten nur Wenige

Das Reizvolle am Bochumer Lauf sind die Steigungen. Sie bringen die Skater an ihre Leistungsgrenzen

AUS BOCHUMNATALIE WIESMANN

„Michael, ich habe Zigaretten dabei“, schreit ein Zuschauer hinter der Absperrung. Der angesprochene Sportler dreht sich um, grinst und rennt weiter. Er gehört zu den etwa 300 Inline-SkaterInnen, die am Sonntag Morgen beim Jedermanns-Lauf – auch NRW-Cup genannt – gestartet sind. Ein paar wenige Zuschauer stehen an der Rennstrecke, manche von Ihnen sind zufällig vorbeigekommen, andere haben sich aus dem Bett gequält, um ihre Familienmitglieder oder Freunde anzufeuern.

Zum dritten Mal findet in Bochum der Inline-Marathon „Bochum Blade Express“ statt. Nach Angaben der Veranstalter gehört das Event zu den zehn Toprennen in Deutschland. Der Samstag war für Schüler- und Jugendläufe reserviert, gestern war der Tag der langen Strecken. Als große Herausforderung gelten die Höhenunterschiede der Bochumer Marathon-Strecke, nach leichter Begradigung bleibt der Revier- Lauf der einzige Bergmarathon in Deutschland. Die Bergwertung spielt bei der Gesamtklassierung eine nicht unerhebliche Rolle. „Das ist so ein bisschen wie die Bergstrecken bei der Tour de France“, sagt der „ambitionierte Hobbyskater“ Guido Müller aus dem Rheinland am Ende des Rennens. Bestzeiten seien zwar nicht zu erwarten, sagt er. „Aber es ist reizvoll, bei den Anstiegen die Leistungsgrenzen zu testen.“ Schade sei es, dass von diesen Inline-Veranstaltungen noch nicht so viele Zuschauer angezogen würden.

Das wird besonders deutlich beim nachmittäglichen German Blade Challenge, an dem 206 Inlineskater, darunter auch internationale SpitzenläuferInnen aus Holland, Amerika und Neuseeland teilnahmen. „Es ist eine Schande, dass für solch ein Rennen so wenig Interesse besteht“, sagt ein Fotograf. Bis zu 60 Stundenkilometer bekommen die Profis drauf, wenn sie bergab fahren. Um den Windschatten auszunutzen, bilden die meisten Teilnehmer lange Ketten, von weitem sehen sie so aus wie rasende Tausendfüßler. „Einzelkämpfer haben so gut wie keine Chance“, sagt ein Experte. Die Inline-Skater treten in Firmenteams auf.

Beim Bochumer Rennen laufen deutsche Profis wie Nico Wieduwilt, Christian Domscheit und Dirk Breder mit. Daniel Junker vom RuhrBoss-Team ist bereits morgens beim NRW-Cup mitgelaufen. Große Chancen werden den Überraschungsgästen aus Neuseeland eingeräumt: Kalon Dobbin hält den Rekord beim 300-Meter-Sprint, sein Bruder Shane ist Weltmeister über 42 Kilometer. Allerdings werden ihre Ergebnisse nicht für die German Blade Challenge gewertet, dafür mussten sich die SkaterInnen beim Auftakt-Rennen in Jever qualifizieren. Dem Bochumer Wettkampf folgen zwei weitere Etappen, Saarbrücken und Hamburg.

Das Rennen gewann bei den Männern Nico Wieduwilt aus Gera mit 1:10:03, dicht gefolgt von Benjamin Zschätsch aus Groß-Gerau und Clemens Rubick aus Gera. Bei den Frauen siegte die Argentinierin Andrea Hartichelar, ihre Zeit war bei Redaktionsschluss noch nicht bekannt.