Boykott? „Ja, sicher“

Vom 8. bis zum 12. Juli wird in Bremen die Chorolympiade gefeiert. Zum Einsingen fürs Heimspiel trafen sich schon einmal die drei Bremer Teilnehmer in der Zionskirche. Teilnahmegebühren werden als sehr hoch kritisiert

Dabei sein ist alles. Wenn man sich die Teilnahme finanziell auch leisten kann

Wie erhöht man die Übernachtungszahlen in Bremer Hotels? Man subventioniert beispielsweise eine so genannte Chorolympiade, so dass ganz viele Chöre aus aller Welt, also ganz viele Menschen ganz viele Übernachtungen buchen müssen.

„Das kulturpolitische Problem der Chorolympiade interessiert uns nicht so sehr, wir wollen einfach dabei sein“, sagt Brigitte Lück, Leiterin des Bremer Frauenjazzchores „Ein Ton Tiefer“. Ähnlich denkt man in der Borgfelder Chorgemeinschaft und beim Adys Community Gospel Choir der Neustadter Zionsgemeinde.

Die drei Bremer Teilnehmer der in der Hansestadt stattfindenden Chorolympiade (8.–12. Juli) werden in den Kategorien „Jazz“, „Folklore a capella“ und „Gospel“ auftreten und sind somit keine Konkurrenten.

In der Zionskirche stellten sie jetzt in einem gemeinsamen Konzert ihr Bewerbungsprogramm vor. Im gut besuchten Gotteshaus kam so richtig gute Stimmung auf, die drei Zugaben zur Folge hatte.

Dass vom Veranstalter des sportlichen Wettsingens, dem Reiseunternehmen „Interkultur“, kräftig Gebühren abgefordert werden, überdeckt die olympische Idee, dass einzig und allein die Teilnahme die höchste Ehre sei.

2,56 Millionen Euro hat der Wirtschaftssenator bereits ohne jede Absprache mit dem Kulturressort, aber auch ohne jeden Kontakt mit den Bremer Chören spendiert. Die Summe kommt auf Umwegen auch wieder herein, wenn man sich die Ausmaße der Gebühren vor Augen hält: 350 Euro pro Chor, darüber hinaus 35 Euro pro Person sind zu zahlen. Einige Tage Hotelübernachtung sind Bedingung, die Teilnahme an der Summernight-Party kostet noch mal zehn Euro pro Person und, und, und.

350 Chöre kommen, 20.000 SängerInnen werden erwartet: tatsächlich ein gigantischer Tourismuserfolg.

Viele jedoch kommen nicht, weil sie den Preis nicht bezahlen können – oder wollen. So ein Chor aus der Ukraine. Die Kosten für den kubanischen Chor „Vocal Leo“ muss der einladende Internationale Buchtstraßen-Chor tragen (wir berichteten).

Auf der Chorolympiade, deren namhafte Jury-Crew für die 26 Kategorien auffällt, sind also nicht die besten Chöre, „sondern die finanzstärksten“ zu hören, so Kirchenmusikdirektor Ansgar Müller-Nanninga.

Das ist der entscheidende Unterschied zum vierjährlich stattfindenden und mit noch nicht mal einem Viertel des Chorolympiaden-Etats ausgestatteten Deutschen Chorwettbewerbs. Dort sind unterschiedliche Qualifizierungen auf der Landesebene Teilnahme-Bedingung.

Ist denn die Drei-Chöre-Beteiligung der Bremer angesichts der blühenden Chorlandschaft in der Region als ein Boykott zu verstehen? „Ja, sicher“, sagt Moritz Puschke vom Bremer Domchor.

Zwei von der Chorolympiade geförderte Bremer Sonderkonzerte wird es geben, aber nicht im Rahmen des Wettbewerbs. Der Bremer Domchor singt am 9. Juli Bachs „H-Moll-Messe“ und die Bremer Musical Company, die bei der Chorolympiade 2002 in Korea hervorragend abgeschnitten hat, singt am 16. Juli „Musical Sensations“.

Ute Schalz-Laurenze

Infos unter www.chorolympiade.de