Jede Stimme zählt

Versprengte Auslandsamerikaner protestieren am amerikanischen Unabhängigkeitstag gegen George Bush

Vor dem Pariser Platz standen mehr Polizeiautos als Demonstranten. Dabei hatte Initiator Matt Lehitka mit einigen tausend Teilnehmern gerechnet, die gestern am Independence Day, dem Nationalfeiertag der USA, gegen Bush und den Irakkrieg demonstrieren sollten. Es kamen gerade einmal zwei Dutzend, die paar neugierigen Touristen schon eingerechnet.

Lehitka ist Gründer der Initiative „vote44“. Die Zahl 44 steht für den im November zu wählenden 44. US-Präsidenten. Und geht es nach Lehitka, soll der eben nicht George W. Bush heißen. Zusammen mit Americans Voices Abroad (AVA), einem Zusammenschluss von US-Bürgern in Berlin, die im vergangenen Jahr gegen den Irakkrieg ihrer Regierung demonstriert hatten, ruft vote44 die in Berlin lebenden US-Amerikaner dazu auf, sich zur Briefwahl anzumelden.

Woher sie die Zuversicht nehmen, dass die hier lebenden Amerikaner auch tatsächlich gegen Bush stimmen werden? Vote44-Mitarbeiterin Alyssa Bowler aus New York, die momentan in Wilmersdorf wohnt, meint, dass viele ihrer Landsleute in Deutschland mitbekommen hätten, welcher Gegenwind ihnen entgegenbläst, seit Bush im Amt ist. „Bush hat das demokratische Ansehen der USA zerstört“, glaubt Bowler.

Und in der Tat könnte der Initiative im November mehr Bedeutung zukommen als zunächst vermutet. Denn die Wahl des amtierenden US-Präsidenten vor vier Jahren wurde angeblich erst durch Briefwahl der Auslandsamerikaner entschieden; angeblich mit einem Vorsprung für Bush von gerade einmal 500 Stimmen. Europaweit lebt über eine halbe Million US-Amerikaner, allein in Berlin sind es 10.000. Und auch dieses Jahr gehen Wahlexperten davon aus, dass es im November zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen kommt.

Doch nimmt man die geringe Resonanz gestern vor dem Brandenburger Tor zum Maßstab, dann werden zumindest nicht die Berliner Auslandsamerikaner das Zünglein an der Waage sein. Dann schon eher die Amerikaner in Paris: Dort gingen zum gleichen Anlass viermal so viele auf die Straße. FELIX LEE