Semesterticket wird nicht abgestempelt

Der Halbjahresfahrschein für Studierende steht vor dem Aus. Per Urabstimmung lehnen FU- und HU-Studenten die massive Preiserhöhung des VBB ab. Sie wollen ein billigeres Ticket und hoffen auf neue Verhandlungen. Die sind aber nicht in Sicht

VON RICHARD ROTHER

Das Semesterticket für Berliner Studenten steht vor dem Aus – zumindest an der Freien und der Humboldt-Universität. Bei den Urabstimmungen votierte eine große Mehrheit gegen das vom Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) vorgelegte Angebot, das vom nächsten Frühjahr an einen Preis von 141 Euro pro Semester für das Tarifgebiet ABC vorsieht. Die Studenten stimmten für einen Preis von 118,50 Euro. Der Verband kritisierte die Abstimmung als „irreführend“.

Unter dem Motto „Preistreiberei ablehnen!“ hatten die Studenten gegen das VBB-Angebot mobilisiert, das eine Erhöhung des Fahrpreises um mehr als ein Fünftel vorsieht. Bislang kostet das Halbjahresticket 115 Euro, rund 19,20 pro Monat. Der Fahrschein ist deshalb so günstig, weil ihn jeder Student zahlen muss – auch wenn er den öffentlichen Nahverkehr nicht nutzt. Zum Vergleich: Im Ruhrgebiet kostet das Semesterticket 70 Euro, also rund 11,70 pro Monat. In Berlin soll das Ticket ab dem kommenden Sommersemester 23,50 Euro pro Monat kosten, ein ABC-Azubi-Ticket ist derzeit für 59,70 Euro zu haben, eine ABC-Monatskarte kostet 79,50 Euro.

In der Urabstimmung stellten die Studentenvertreter nicht nur das VBB-Angebot zur Abstimmung, sondern auch ihr eigenes von 118,50 Euro, das auf Berechnungen aus einem VBB-Gutachten beruht. Erwartungsgemäß entschieden sich die Studenten mit großer Mehrheit für das billigere Angebot. Allerdings sprachen sich auch viele für die Annahme des VBB-Angebots aus: an der HU rund ein Drittel, an der FU mehr als ein Viertel. Insgesamt war die Wahlbeteiligung aber mager: an der HU wollten sich nur 13 Prozent, an der FU immerhin 18 Prozent äußern.

Der VBB lehnte das Ergebnis der Urabstimmung ab. VBB-Chef Hans-Werner Franz argumentiert, die Studierenden würden den Fortbestand des „sozial- und verkehrspolitisch hervorragenden“ Tickets gefährden, mit dem keine Gewinne erzielt würden. „Wir wollen die Weiterführung des Semestertickets, aber nicht um jeden Preis.“

Darauf hoffen nun auch die Studenten. Sie wollen, gestärkt durch das Abstimmungsergebnis, noch einmal neu verhandeln. „Der von uns vorgeschlagene Preis ist keine Erfindung, sonder für die Unternehmen auskömmlich“, sagte Studentenvertreter Florian Böhm gestern. Die Mehrzahl der Studierenden nutzten öffentliche Verkehrsmittel nur gelegentlich, und auch diese brauchten ein gutes Angebot. Für den VBB gibt es allerdings „keinen Verhandlungsspielraum mehr“.

Die PDS-Verkehrsexpertin Jutta Matuschek kritisierte die Studierendenvertreter gestern scharf: „Die haben das Semesterticket an die Wand gefahren.“ Spielräume für Verhandlungen sieht Matuschek nicht. Sie hofft nun auf die Studierenden der Technischen Universität. Die entscheiden erst im November. Darauf setzt auch Studentenvertreter Böhm: Dann, so sein Wunsch, könnten die anderen Unis wieder im Boot sein – mit einem verbesserten Angebot.