Franzlfado – 116 Zeilen für Deutschland

Rudi ist weg und hinterlässt Turbulenzen ohne Ende. Egal was am heutigen Montag das DFB-Präsidium berät und beschließt, die Suche nach einem neuen Bundestrainer (BuTrä) wird auf jeden Fall noch dramatischer. Lesen Sie deshalb exklusiv in der taz: BuTrä, bitte melden – Chronik einer Suche:

6. Juli: Beim DFB trudeln erste Bewerbungsschreiben von hilfsbereiten Bürgern ein: „Wenn keiner will, mach ich’s“, schreibt einer, „anbei Realschulabschlusszeugnis. Besondere Qualifikation: Sportnote gut.“ Der Verband reagiert umgehend: Der Exleverkusener Koloss Reiner Calmund („Dä EmmVau schafft dat nisch allein“) wird hauptamtlicher Manager des Nationalteams. Calli ist zwar schwergewichtig („Isch hann dä Rucksack vorn“), aber national ebenso unbelastet wie unbefleckt. „Isch han immer gesagt, dass ich mit Fußball aufhöre. Aber das deutsche Rasengestochere hat ja auch nichts mit Fußball zu tun.“

13. Juli: Der präantike Weltbürger Rehhakles hat die Maisonette-Wohnung in der Akropolis bezogen und lässt huldvoll seinen Ministerpräsidenten für ihn abwinken: „Beim Zeus, also bei Otto, er sagt efcharisto.“

16. Juli: Berti Vogts verzichtet ebenfalls (ungefragt): „Se Schotts needs me more longer times.“ Der Kicker will Herberger zurück: „Kann man den Chef nicht klonen?“

17. Juli: „Wir brauchen auch ganz andere Spieler!“, fordert im Bundestag die Opposition. Otto Schily winkt ab – Rooney, Ronaldo oder Baros seien für die Bundesrepublik viel zu teuer.

20. Juli: Die DFB-Geheimgespräche mit Rudi Gutendorf kommen ins Stocken. Der 777-Jährige sagt: „Ich stehe beim König von Tonga für 2006 im Wort.“

24. Juli: Als das DSF „das weise Duo Lattek/Breitner“ anregt („Die beiden wissen mehr, als es auf der Welt überhaupt Fußballwissen gibt“), intensiviert Bild die Kampagne für seine ewige Geheimwaffe: „Ja“, sagt Lodda sofort, „ein Lothar Matthäus ist immer bereit.“

26. Juli: Die Bundesagentur für Arbeit prüft, inwieweit der arbeitsunwillige Ottmar Hitzfeld nach Hartz IV „als Platzwart oder Kartenabreißer“ zwangsverpflichtet werden kann. Gleichzeitig dementiert die Agentur, dass ersten Langzeitarbeitslosen der Job als Bundestrainer zugewiesen werden sollte und Anwälte der Betroffenen diese Tätigkeit „als menschenrechtsfremd und grenzlegal“ abgewiesen hätten.

27. Juli, morgens: Alle denkbaren Namen sind jetzt mindestens einmal genannt worden (Hans Meyer, Hans Krankl, Hans Wurst). Zuletzt, enthüllt der Spiegel, hatte der DFB sogar, erfolglos, bei Fachfremden angefragt (Hans Zach, Bernhard Langer, Erich Ribbeck).

27. Juli, mittags: Renate Künast macht einen laut begrüßten Vorschlag, den auch der Kanzler sofort „eine tolle Sache“ nennt. Künast fordert „die vorbildlich emsige Weltmeisterinnenmacherin Tina Theune-Meyer“ als Männer-BuTrä.

27. Juli, nachmittags: Zehntausende Fans üben auf den Straßen: „Es gibt nur ein Theune-Meyer.“

27. Juli abends: „Eine Frau? Das ist schlimmer als ein Zuwanderer aus dem Ausland!“, lässt empört Präsidentendarsteller MV wissen und tritt nach eiligem Genuss von drei Fässern Trollinger Schpätlese zurück. Da plötzlich blitzt, grollt und donnert es aus dem düsteren deutschen Himmel, es regnet kleine Fußbälle und schneit Rasenhalme. Mittendrin kommt eine hell lichternde Gestalt herniedergeschwebt. „Der jüngste Fußballtag“, rufen die Menschen ergriffen, „der Retter ist gekommen“. Fußballtore im ganzen Land beginnen ehrfürchtig zu zittern, Eckfahnen fallen vor Rührung um und Elfmeterpunkte weinen hemmungslos. „Ja mei“, sagt da der Franz.

BERND MÜLLENDER