christoph schultheis
: Schneller, als man „Häh?“ sagen kann

„Bild“-Leser wissen mehr über den Tod von Marlon Brando

Marlon Brando ist tot, und Kai Diekmann, Chef der Bild-Zeitung, trägt gerne flauschige Schlafanzüge mit Micky-Maus-Motiven. Nein? Na, dann war das eben ausgedacht. Aber zurück zu Brando: „Der Schauspieler Marlon Brando starb um 18.30 Uhr am Donnerstag, dem 1. Juli, im UCLA Medical Center in Westwood/Kalifornien an Lungenversagen“, heißt es (auf Englisch natürlich) auf der Website des Krankenhauses. Und weil das so ist, stand es so auch überall in den Zeitungen. Ob L. A. Times oder New York Post, ob Nederlands Dagblad oder Ha’aretz, Mittelbayerische Zeitung, Welt, Berliner Morgenpost, B. Z. und taz – überall stand dasselbe, weil Brandos Krankenhaus keine weiteren Details rausrückte und Brandos Anwalt bloß ausrichten ließ, sein Mandant sei eben ein „very private man“ gewesen, basta.

Nur Bild-Leser wissen ja bekanntlich mehr. Immerhin hatte ihre Zeitung doch noch unmittelbar vor Brandos Tod über den „Koloss“ berichtet: „Marlon Brando lebt von Stütze“ lautete die Überschrift – obwohl sich Brandos angeblich „magere Staatspension“ am Ende der kleinen Nachricht als passable Ente, pardon: Rente entpuppte. Doch bevor man „Häh?“ sagen konnte, war er auch schon gestorben, der Brando. An Lungenversagen, im Krankenhaus, 18.30 Uhr, Sie wissen schon … Und selbstverständlich berichtete auch Bild ausführlich über Brandos Tod: „Seine Haushälterin und Ex-Geliebte Maria Ruiz (45)“ hieß es wortwörtlich in der Samstags-Bild, „fand ihn, als sie Donnerstag gegen 19.30 Uhr Ortszeit die Villa von Marlon Brando in Beverly Hills betrat. Der große Brando lag leblos in seinem Bett, bekleidet mit einem dunkelblauen Nachthemd. Polizei, Feuerwehr und Rettungswagen rückten an – doch zu spät. Unklar, wie lange er tot in seinem Bett lag. Seine Leiche wurde zur Untersuchung in die Gerichtsmedizin gebracht.“ Was soll man da noch sagen? Etwa schon wieder „Häh?“ bzw., dass da oben drüber „von Frank Siering“ stand?

Oder dies: In der gestrigen Bild am Sonntag erzählte dann derselbe Autor u. a. über dramatische Szenen vorm Brando-Haus: „Eine Frau namens Lisa Warme bittet die Sicherheitskräfte um Einlass. ‚Ich bin einen uneheliche Tochter von Marlon, das Kind, das er versteckt hat, von dem die Welt nichts wusste‘, ruft sie. Doch die Brando-Familie weist kühl ab. ‚Meine Mutter hat ihn geliebt, aber für ihn war es wohl nur Sex!‘, schreit die Frau verzweifelt.“ Und klingt nicht auch diese herzzerreißend exklusive Bild-Geschichte irgendwie, na ja, voll gut? Allemal besser jedenfalls als das mit Diekmanns Micky-Maus-Pyjamas.