Reform gerettet

Krankenkassen dürfen bis 2007 Schulden haben, damit die Beiträge sinken können. AOK: Senkung von 0,7 Prozent 2004 „nicht unrealistisch“

BERLIN taz ■ Die Krankenkassen haben angekündigt, zum kommenden Jahr, wenn die frisch auf den Tisch gelegte Gesundheitsreform Gesetz geworden ist, die Beiträge nach Möglichkeit zu senken. „Wir halten eine Senkung von 0,7 Prozentpunkten für nicht unrealistisch“, erklärte gestern AOK-Chef Hans-Jürgen Ahrens. Konkrete Zahlen seien jedoch davon abhängig, wie viel Einsparungen sich aus der Reform tatsächlich ergäben.

Das Gesundheitsministerium versprach im Gegenzug, den Kassen gesetzlich zu ermöglichen, den Schuldenabbau über vier Jahre zu strecken. Bis 2007 sollen dann sämtliche Defizite abbezahlt, die Rücklagen wieder aufgefüllt und die Beiträge nach Berechnungen der Gesundheitsreformer auf im Schnitt 13 Prozent gesenkt worden sein.

Für diese bereits in den „Eckpunkten zur Gesundheitsreform“ skizzierte Lösung des Schuldenproblems bedurfte es gestern eines mehrstündigen Gesprächs zwischen Klaus Theo Schröder, Staatssekretär der Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD), und den Vertretern der Krankenkassen. In den vergangenen Tagen hatte es böse Verstimmungen zwischen Ministerin und Kassen gegeben, nachdem diese bezweifelt hatten, die Beiträge wie politisch gewünscht senken zu können – schließlich hätten sie ja sieben Milliarden Euro Schulden zu bedienen: zwei Milliarden aus dem vergangenen, zwei Milliarden aus dem laufenden Jahr, und mit drei Milliarden müssten die Rücklagen aufgefüllt werden. Damit wäre das in der Reform veranschlagte Einsparpotenzial von zehn Milliarden Euro für 2004 praktisch verpufft. Schmidt erklärte daraufhin, sie könne die Kassen auch per Gesetz zur Senkung zwingen.

Dass Schmidt nun per Gesetz das Schulden-„Strecken“ ermöglichen will, bedeutet auch, dass die Beiträge von Versicherten künftig zum Abbezahlen von Zinsen benutzt werden dürfen. Ahrens sagte gestern, die Versicherten nähmen diesen Umstand sicher in Kauf, wenn sie dafür weniger Kassenbeiträge zahlen müssten. UWI