KarstadtQuelle entlässt jeden Neunten

Bis Ende 2006 will der Warenhaus- und Versandkonzern 4.000 Vollzeitstellen abbauen. Verlust im gesamten Bilanzjahr droht, und auch die Jointventures machen Schwierigkeiten. Geschäft im Inland viel zu schwach

ESSEN/BERLIN rtr/taz ■ Der neue Chef von KarstadtQuelle verschärft den Sparkurs des Konzerns. Vorstandsvorsitzender Christoph Achenbach ließ am Samstag bekannt geben: Bis Ende 2006 will Europas größter Warenhaus- und Versandhandelskonzern in seinen 180 Waren- und 32 Sporthäusern rund 4.000 Vollzeitarbeitsplätze abbauen. Nach Abschluss der Maßnahmen sollen dadurch jährlich rund 145 Millionen Euro eingespart werden.

Betroffen sei überwiegend der Verwaltungsbereich, dort wolle die Warenhaus AG bis Ende 2006 rund 95 Millionen Euro einsparen, teilte das Essener Unternehmen mit. Im Verkauf sollen die Personalkosten um rund 50 Millionen Euro sinken, das Sparpotenzial soll hier bereits bis 2005 ausgeschöpft werden. Der Stellenabbau solle so „sozialverträglich“ wie möglich über die Bühne gehen, Gespräche mit der Belegschaft würden in Kürze beginnen. Entlassungen werden aber wohl unvermeidlich sein, so ein Vorstandssprecher.

Insgesamt hat die Warenhaus AG rund 47.000 Mitarbeiter, umgerechnet auf Vollzeitarbeitsplätze sind es 37.500 Stellen. Bereits 2003 war die Zahl der Vollzeitbeschäftigten im Warenhausbereich um 7,8 Prozent geschrumpft. Denn schon Achenbach-Vorgänger Wolfgang Urban kämpfte mit Verlusten in den Kaufhäusern des Konzerns. Karstadt macht im Gegensatz etwa zum Metro-Konzern kaum Geschäft im Ausland, mit dem es den schwächelnden Inlandkonsum ausgleichen könnte. Außerdem liegt Karstadt mit seinen Preisen höher als derzeit im Trend.

Exchef Urban hatte nach erneut schwächeren Quartalszahlen Mitte Mai seinen Posten aufgeben müssen. Im ersten Vierteljahr waren die Konzernerlöse um weitere 4,4 Prozent auf 3,52 Milliarden Euro geschrumpft. Die Warenhäuser und Fachgeschäfte hatten insgesamt 3,9 Prozent an Umsatz eingebüßt, der Versandhandel (Quelle und Neckermann) sogar 5,1 Prozent. Der Konzern schließt einen Verlust für das Gesamtjahr nicht mehr aus, denn zusätzlich belastet seit längerem auch die Krise des zur Hälfte mit der Lufthansa geführten Touristikkonzerns Thomas Cook erheblich die Bilanz.

Druck macht wohl auch der neue Aufsichtsratschef Thomas Middelhoff. Als Exchef des Medienkonzerns Bertelsmann wurde er bekannt. Nach seinem Rauswurf dort wegen Streitigkeiten um die künftige Strategie des Konzerns heuerte er bei Investcorp an, der Londoner Anlagegesellschaft des Golfstaats Bahrain. Die Londoner wollen mehr Profit aus ihrem Investment bei Karstadt sehen.

Karstadt hat noch andere Baustellen im Konzern: Die Frischwaren in den Warenhäusern sollen ab 2005 vom Rewe-Konzern über ein Gemeinschaftsunternehmen geliefert werden. Doch Rewe beteiligt sich nun nur mit einem Viertel anstatt mit der Hälfte an der Feinkostfirma, was Karstadt erst mal 25 Millionen Euro mehr kostet. Und einem Bericht des Handelsblatts zufolge sollen nur 3 der 31 Starbucks-Kaffeehäuser in Deutschland schwarze Zahlen schreiben. Dies liege vor allem an den hohen Mieten und Lizenzgebühren, die das Gemeinschaftsunternehmen an die Starbucks Coffee Company abführen müsse. Karstadt hatte Oktober 2001 mit den US-Amerikanern in einem Jointventure 82 Prozent der Anteile übernommen. REM