Schule der Angst

Fluchtpunkt: Gericht hat Sorgerechtsentziehung ins Ermessen der Ausländerbehörde gestellt

Anne Harms von der kirchlichen Beratungsstelle Fluchtpunkt hat davor gewarnt, dass in Zukunft tausende Kinder in Hamburg Angst davor haben müssen, von MitarbeiterInnen der Ausländerbehörde auf dem Schulweg abgefangen und abgeschoben zu werden. Falls das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichtes (OVG) nicht kassierte, das die Abschiebung von zwei ghanaischen Schwestern gebilligt hatte, sei das ein realistisches Szenario.

Das OVG hat der Abschiebung von Gifty und Sylvia Oppong zugestimmt, obwohl sie in Hamburg bei ihrer leiblichen Mutter leben (taz berichtete mehrfach). Die beiden sind illegal ins Bundesgebiet eingereist, und auch der grundrechtliche Schutz der Familie, so das OVG, entbinde nicht von der Visumspflicht. In der Konsequenz aber bedeutet diese Entscheidung laut Harms, dass Sorgerechtsentziehungen ins Ermessen der Ausländerbehörde gestellt werden – während die Entscheidung nach dem Grundgesetz den Vormundschaftsgerichten vorbehalten ist und nur nach dem Kindeswohl getroffen werden darf. Das OVG aber behandele das Ausländergesetz als gegenüber den Grundrechten höherwertiges Recht.

Die Schwestern sind nur deshalb noch in Hamburg, weil sie zum Abschiebetermin am Mittwoch nicht erschienen waren. Ihr Anwalt Anton Eger plant, vors Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Er hat auch bereits eine Petition bei der Bürgerschaft eingereicht. Die Ausländerbehörde hat angekündigt, deren Entscheidung vor weiteren Maßnahmen abzuwarten.

Auch im Fall der 14-jährigen Barbara O., die am Montag abgeschoben werden sollte und nicht zum Flughafen gekommen war, hat das Amt zugesagt, zunächst die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes über die Zukunft des Mädchens abzuwarten.

ELKE SPANNER