Wenn der Arbeitsagent zweimal klingelt

Dann will er künftig Ungereimtheiten bei Vermögensangaben für das neue Arbeitslosengeld II nachgehen. Vizechef der Arbeitsagentur Alt droht Stützeempfängern mit Hausbesuchen. Oberster Datenschützer Schaar kritisiert neue Anfragepraxis

BERLIN taz/dpa ■ Die gute Nachricht für die künftigen Bezieher des Arbeitslosengeldes II heißt: „Niemand muss Angst haben, dass wir Schmuckkästchen suchen.“ Die schlechte Nachricht allerdings ist diese: „Im Extremfall behalten wir uns auch Hausbesuche vor.“ Das sagte der Vizechef der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit, Heinrich Alt, und enthüllte so ein neues scharfes Detail der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe – den mobilen neugierigen Arbeitsbeamten. Alt ist für die Umsetzung des so genannten Hartz-IV-Gesetzes zuständig.

Das Gesetz soll ab 1. Januar auf die 5 Millionen Bezieher der bislang getrennt verwalteten Sozialstaatstöpfe der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe angewendet werden. Alt machte im Gespräch mit der Bild am Sonntag aber keinen Hehl daraus, dass es eine Reihe von Risiken bei der Mammutreform gebe. Es sei unklar, ob die Computer den Anforderungen standhalten. „Wir warten mit angehaltenem Atem, ob die Software am 1. Oktober tatsächlich funktioniert“, sagte Alt, sonst „ist der Starttermin am 1. Januar nicht zu halten.“

Die Überprüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Stützeempfänger wird zu einem umfangreichen Datenaustausch zwischen Behörden und Versicherungen führen. Es ist vorgesehen, die Angaben der Langzeitarbeitslosen mit Hilfe von Anfragen bei Finanzämtern, Rentenversicherern und Krankenkassen nachzukontrollieren. „Wir haben den Ehrgeiz, den Missbrauch von Sozialleistungen so gering wie möglich zu halten.“

Der Datenschutzbeauftragte des Bundes Peter Schaar hat gegen die Art der Verabschiedung von Hartz IV prinzipielle Bedenken geltend gemacht. Obwohl künftig eine Vielzahl von Daten erhoben werde, sei er als Datenschützer an der Erarbeitung des Gesetzes nicht beteiligt worden. Konkret monierte er gegenüber dem Tagesspiegel am Sonntag, dass „der Arbeitgeber Dinge über die finanziellen Verhältnisse seines Mitarbeiters erfährt, die ihn gar nichts angehen“. Schaar bezog das auf die Praxis, dass Familienangehörige von Arbeitslosen ihren Verdienst auf Erhebungsformularen vom Arbeitgeber bestätigen lassen, die zugleich andere Angaben über ihr Eigentum enthalten.

Viele Sozialdemokraten versuchen unterdessen, der umstrittenen Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe die Schärfe zu nehmen. Laut Focus haben die Landesgruppenchefs der SPD-Bundestagsfraktion und Parteichef Franz Müntefering bereits begonnen, Hartz IV sozial abzufedern, damit es nicht als „Totalschock“ komme. Für das Einstellen älterer Arbeitsloser solle es stark aufgestockte Lohnzuschüsse geben, für Regionen, in denen keine Arbeitsplätze angeboten werden könnten, längerfristige ABM-Verträge.

Der Arbeitsmarktexperte des Institutes für Wirtschaftsforschung Halle, Herbert Buscher, machte deutlich, wo der entscheidende Knackpunkt einer im Grundsatz richtigen Vereinheitlichung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe liege: „Wenn es nicht genügend Stellen gibt, können sie auch nicht mit Langzeitarbeitslosen besetzt werden.“ CIF