heute in bremen
: „Ratten sind perfekt, nicht Menschen“

Jörg Zittlau liest heute über aus seinem Buch „Warum Affen für die Liebe zahlen“ über die Evolution

taz: Herr Zittlau, dieser Tage wird der 200. Geburtstag von Charles Darwin gefeiert. Wollen Sie ihn widerlegen?

Jörg Zittlau, Wissenschaftsjournalist: Gewiss nicht, man legt nur Darwin oft falsch aus: Nicht der Stärkste, sondern der Angepassteste überlebt. Manche Arten überleben, weil die Umwelt Gnade walten lässt oder weil die Feinde schlafen.

Warum zum Beispiel stoßen männliche Krähen mit anderen zusammen?

Um Ihre Angebetete zu beeindrucken, fliegen die Männchen auf dem Rücken. Dabei sind sie nicht hundertprozentig manövrierfähig und krachen mit anderen Männchen, aber auch mit Bäumen zusammen. Die Weibchen bemerken die Männchen meist erst, wenn es gekracht hat.

Trotzdem konnte die Krähe bis heute überleben?

Durch ihre überragende Intelligenz. Wie beim Menschen auch, gleicht Intelligenz körperliche Mängel aus – ein wichtiger Antriebsmotor der Evolution.

Welche Mängel hat der Mensch auszugleichen?

Zum Beispiel ist die Geburt durch unserer riesiges Gehirn, unseren riesigen Kopf sehr kompliziert, wir sind auf Hebammen angewiesen.

Die Evolution als Mängelgeschichte – ist das auch gegen den Kreationismus gerichtet?

Der Kreationismus geht ja von einem perfekten göttlichen Plan aus. Tatsächlich gibt es Lebewesen, die perfekt sind, nur ist das nicht der Mensch, den die Kreationisten im Sinn haben, sondern Ratten und Küchenschaben. Küchenschaben existieren seit 200 Millionen Jahren auf der Erde, der Mensch gerade einmal 50.000 Jahre. Interview: diw

Lesung 19 Uhr, Stadtbibliothek