Klangwelten-Verknüpfer

Seit 20 Jahren spielen im Band-Projekt „Station 17“ behinderte und nicht behinderte MusikerInnen höchst erfolgreich zusammen. Heute Abend wird der Geburtstag der Band mit einer großen Gala im Uebel & Gefährlich gefeiert

Eigentlich wollte Kai Boysen sein Geld als Musiker verdienen. Anfang der 80er gründete er die Band „Painless Dirties“, aber leben ließ sich davon nicht. Nach dem zweiten Album „Minimal Brain Dysfunctions“ war Schluss und Boysen entschloss sich für etwas Handfestes: eine Ausbildung als Erzieher.

So ganz ohne Musik ging das natürlich nicht. 1988 gründete Boysen mit BewohnerInnen der Wohngruppe 17 der Stiftung Alsterdorf, in der er gearbeitet hat, und professionellen MusikerInnen die Band „Station 17“. Der große Unterschied zu den meisten anderen Projekten mit behinderten MusikerInnen: „Station 17“ gehen den Schritt in die Professionalität, verkaufen Platten, geben Konzerte und entwickeln jenseits jeglichen Gutmenschen-Gestus’ eine eigene Klangästhetik. In den 90ern arbeitete die Band mit renommierten Produzenten wie Holger Czukay („Can“), F. M. Einheit („Einstürzende Neubauten“) und Thomas Fehlmann („Kompakt“-Label, „The Orb“) zusammen, seit einigen Jahren gibt es sogar ein eigenes Label, „17rec.“.

Zur Feier des 20-jährigen Bestehens ist dort vor kurzem das Album „Goldstein Variationen“ veröffentlicht worden, ein Kooperationsprojekt mit befreundeten KünstlerInnen von „Fettes Brot“ über Guildo Horn, „Stereo Total“, „The Robocop Kraus“, Ted Gaier („Goldene Zitronen“), Melissa Logan („Chicks on Speed“) bis zu Barbara Morgenstern, der „Knarf Rellöm Trinity“, Michael Rother und „Schneider TM“. Nicht nur klanglich verknüpfen „Station 17“ dabei mit ihrer ganz eigenen Ästhetik Welten, die nicht weiter auseinander klaffen könnten. Auch textlich wartet die Band einmal mehr mit absolut Einzigartigem auf. Da macht sich Sängerin Birgit Höhnen zum „Fettes Brot“-Shuffle Gedanken darüber, wie eigentlich ein Regenbogen entsteht, während andere klagen, dass der Abwasch stets an ihnen hängen bleibt, oder sich fragen, was denn Aktien eigentlich im Keller machen. Das ist mal witzig, dann wieder todernst. Von jeglichem durchgekauten Popstar-Klischee ist das jedenfalls Welten entfernt.

Heute Abend feiert „Station 17“ mit einer großen Gala Geburtstag. Supportet wird von der „Knarf Rellöm Trinity“, die Band selbst wird von „Schneider TM“, Michael Rother und einer „Best-Of-Besetzung“ der „alten“ „Station 17“-Musiker unterstützt.ROBERT MATTHIES

Do, 5. 2., 21 Uhr, Uebel & Gefährlich, Feldstraße 66, www.station17.net, www.17rec.de