Kein Gebet zu Allah

Die Evangelische Kirche in Deutschland setzt scharfe Grenzen für den Umgang mit nichtchristlichen Religionen

BERLIN taz ■ Als fanatisierte Muslime vor zwei Jahren Flugzeuge in die Türme des World Trade Centers lenkten und tausende Menschen töteten, ging auch durch die Kirchen in Deutschland ein Ruck. „Spätestens die Ereignisse des 11. September 2001 lassen verstärkt nach dem friedenstiftenden wie dem friedensgefährdenden Potenzial der Religionen fragen“, schrieb der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Manfred Kock, gestern in einem Geleitwort zu einem brisanten offiziellen Schreiben. Es legt erstmals theologische Leitlinien für den Umgang der EKD-Kirchen mit nichtchristlichen Religionen fest und setzt scharfe Grenzen.

So verwirft die EKD eine von manchen geforderte „Ökumene der Religionen“ glasklar als „Irrweg“. Nur mit anderen christlichen Konfessionen dürfe es eine Ökumene geben. Ebenso könnten Christen „nicht guten Gewissens an der religiösen Praxis einer anderen Religion teilnehmen“, heißt es in dem Papier mit dem Titel „Christlicher Glaube und nichtchristliche Religionen“.

„Durch den Glauben an Jesus Christus“, so das Schreiben, „unterscheidet sich das Christentum von allen anderen Religionen.“ Deshalb tauge „ein ‚neutraler‘ Vergleich einzelner mehr oder weniger ins Auge fallender Gemeinsamkeiten zwischen dem christlichen Glauben und den Religionen schwerlich als Basis einer Verständigung zwischen den Religionen“. Daraus folgert das Papier: „Weil diese Unterschiede nicht verwischt werden dürfen, haben wir uns zu bescheiden und die Grenzen zu akzeptieren, die es uns verwehren, uns im gemeinsamen Gebet mit Muslimen vor Gott zu vereinen.“

In einer ersten Reaktion sagte der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Nadeem Elyas, das Schreiben zeuge von einer „im Großen und Ganzen differenzierten Haltung, die wir sehr begrüßen“. Der Text fordere den Dialog und den Respekt zwischen den Religionen, verlange aber auch, dass sie dabei ihre eigenen Identitäten behielten. Ein „Synkretismus“ bei den Gottesdiensten oder den Glaubensinhalten lehnten auch die Muslime in Deutschland ab. Allerdings könnte das Schlagwort vom „Irrweg“ so missverstanden werden, dass sich die EKD gegen einen Kontakt oder Dialog mit den Muslimen ausspreche.

Vor drei Jahren hatte die katholische Kirche mit dem Vatikantext „Dominus Iesus“ vor religiöser Beliebigkeit gewarnt und bestritten, dass es sich bei den evangelischen Gemeinschaften überhaupt um Kirchen handelt. Die Verstimmung zwischen katholischer und evangelischer Kirche dauert bis heute an.

PHILIPP GESSLER