Stiftung will Berliner Mauer wieder haben

Die Stiftung Berliner Mauer muss entscheiden, ob an der Bernauer Straße wieder originale Mauerteile errichtet werden sollen. Der Sophiengemeinde passt das nicht, sie lehnt den Wiederaufbau auf ihren Grundstücksflächen ab

Das Gedenkjahr 20 Jahre Fall der Berliner Mauer beginnt mit einem traurigen Datum: Heute vor 20 Jahren wurde Chris Gueffroy beim „versuchten Grenzübertritt“ am Britzer Verbindungskanal erschossen. Eine Stele erinnert hier an den letzten Mauertoten. Heute denkt die Stiftung Berliner Mauer darüber nach, ein originales Stück Berliner Mauer wiederaufzubauen.

Für die Mauergedenkstätte Bernauer Straße stehen wichtige Entscheidungen an. Der Stiftungsrat „Stiftung Berliner Mauer“ will am heutigen Donnerstag nicht nur über die Gestaltung des 220 Meter langen Grenzstreifens bis 2011 beraten. Auf der Tagesordnung steht zudem die brisante Frage, ob auf einem rund 20 Meter langen Abschnitt originale Mauerstücke wiedererrichtet werden sollen. Die Gedenkstätte könnte somit an einer Stelle den „Eindruck einer geschlossenen Grenzwand“, wie sie dort zwischen 1961 und 1989 bestand, vermitteln, wie einige Stiftungsratsmitglieder fordern. Die Berliner Denkmalbehörde und die Sophiengemeinde, über deren einstigen Friedhof „die Mauer“ verlaufen würde, lehnen dies ab.

Bisher ist geplant, dass die Mauergedenkstätte nach dem Entwurf des Stuttgarter Büros Kohlhoff umgestaltet wird. Dieser sieht vor, dass entlang dem einstigen Todesstreifen ein umfassendes Gedenkareal zur Geschichte und Erinnerung an die Teilung errichtet wird. Zudem sollen Metallstäbe die frühere Grenzlinie, die Berliner Mauer, „nachzeichnen“. Eine Rekonstruktion ist nicht vorgesehen.

Dass jetzt der Rekonstruktionsgedanke die Stiftung beschäftigt, hängt damit zusammen, dass dieser der geplante „abstrakte“ Ausbau der Gedenkstätte nicht mehr ausschließlich gefällt. Zudem mehren sich die Stimmen, dass mehr Authentizität vor Ort einziehen müsse. Schließlich sei ein 20 Meter langer Streifen – jener der Sophiengemeinde – noch frei, heißt es aus dem Stiftungsrat.

Der Bund, im Stiftungsrat vertreten durch den Staatsminister für Kultur, befürworte den Wiederaufbau der originalen Mauersegmente. Auch der Senat, bis hin zu Alice Ströver von den oppositionellen Grünen, unterstütze dies, heißt es aus dem Umfeld des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit.

Sollte der Stiftungsrat diesen Weg gehen, steht ihm aber ein Konflikt ins Haus, der die Gedenkstätte insgesamt in Gefahr bringen könnte. Die Sophiengemeinde lehnt bislang jede Errichtung von Mauerteilen auf ihrem Areal ab. Gemeindekirchenrat Holger Kulick warnte die Stiftung davor, einen Mauerabschnitt vor seiner Haustür wiederaufzubauen. Dies gefährde laufende Verhandlungen mit der Gemeinde über andere Grenzstreifengrundstücke. Es wird also wieder spannend an der Mauer. ROLA