Selbstverbrennung in Deutschland

Der Anteil von Selbstverbrennungen an der Gesamtzahl der Suizide ist von Land zu Land unterschiedlich. In Deutschland machen Selbstverbrennungen rund 0,8 Prozent der Selbstmorde aus. In den USA sind es zirka ein, in Indien sieben bis neun Prozent (Quelle: Studie der FU Berlin, 2002).

Selbstmordversuche durch Feuer sind besonders grausam. Für Patienten mit Verbrennungen von 75 Prozent Körperoberfläche besteht heute bei entsprechender Behandlung eine Überlebenschance von mehr als 50 Prozent (die Handfläche entspricht etwa ein 1 Prozent der Körperoberfläche). Die Haut als größtes Organ gewährleistet den Stoffwechsel und das Fühlen, den Erhalt der Körpertemperatur, Schutz vor unkontrolliertem Wasserverlust, vor Infektionen und dem Eindringen von Giftstoffen. Bei Verbrennungen ist der Körper durch den Verlust der Haut als Schutzhülle allen äußeren Einflüssen ausgeliefert, wodurch sämtliche Organe geschädigt werden können.

Am 18. August 1976 zündete sich in Zeitz der Pfarrer Oskar Brüsewitz öffentlich an, um so gegen die Unterdrückung der Kirche in der DDR zu protestieren. Er hatte sich in Zeitz im Talar vor die Michaeliskirche gestellt, entrollte dort ein Transparent, übergoss sich mit Benzin und zündete sich an. Vier Tage später starb er mit 47 Jahren in einem Hallenser Krankenhaus an den Folgen seiner schweren Verbrennungen.

Am 16. November 1977 überschüttete sich der Anti-Atom-Aktivist Hartmut Gründler mit Benzin und zündete sich an. Gründler war 47 Jahre alt und bezeichnete auf Flugblättern seine Aktion als „Fackel des Protestes“. In sein Testament schrieb er, man solle das Buch „Als Christ in der politischen Verantwortung“ des damaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt an seinen Sarg nageln. Er vermachte ihm seine gesamte persönliche Habe.

Ein Jahr später zündete sich auch der Pfarrer Rolf Günther an. Er tat dies während eines Gottesdienstes vor 300 Gläubigen im vogtländischen Falkenstein. Grund sollen kircheninterne Konflikte gewesen sein.

Am 8. Februar 1978 zündeten sich zwei Mitglieder der Ananda-Marga-Bewegung an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche an. Erika Ruppert (Didi Uma) und Helmut Kleinknecht (Dada Lokesh) waren die ersten Opfer neureligiöser Bewegungen. Sie wollten „ihren Körper auf dem Schlachtfeld gegen die Unmoral niederlegen“. Die Tat war die erste von mindestens vier folgenden Selbstverbrennungsaktionen.

Eine der mysteriösesten Selbstverbrennungen war der Selbstmord von Karl Koch am 23. 5. 1989. Der Hacker, der sich selbst Hagbard Celine nannte, wurde nur 23 Jahre alt. „23“ stand für ihn auch für die Illuminaten, die Weltverschwörung. Im Film „23“ von Hans-Christian Schmid wird die Geschichte des 1989 Aufsehen erregendes „KGB-Hacks“ zwar recht frei, aber doch wirklichkeitsnah erzählt. Bis heute ist nicht eindeutig bewiesen, dass sich Karl Koch selbst anzündete. Es gibt auch Mordtheorien.

Im Münchner Ostpark zündete sich am 27. Januar 1994 der Vietnamese Son Ha Hoang an. Der 27-Jährige nahm sich das Leben, weil ihm die Abschiebung aus Deutschland drohte. Ebenfalls wegen drohender Abschiebung verbrannte sich am 7. Januar 1998 ein unkannter Kurde in Wessel. Er starb 24 Jahre alt. SUK