Prüfungsnachlass

Zahl der Lebensmittelkontrolleure in Hamburg ist deutlich gesunken. Prüfkonzept bleibt in der Schublade liegen

Ranzige Heringe, falscher Schafskäse, giftige Haselnüsse und Salmonellen in der Mascarpone-Creme: Solche unappetitlichen und bisweilen gesundheitsgefährdenden Schandtaten könnten in Zukunft unentdeckt bleiben. Davor warnte der Hamburger Fachverband für Lebensmittelkontrolleure bereits Anfang des Monats. Grund für die Sorge: Sparmaßnahmen des Senats ließen die Zahl von Prüfern in Hamburg in den vergangenen Jahren von 85 auf 57 sinken. „Aber wenn Kollegen gehen, wird die Arbeit nicht weniger“, betont der Vorsitzende des Fachverbandes Hamburg, Patrick Wolff. „Gerade Risikobetriebe, in denen „Senioren, Schwangere und Kinder bekocht werden, sollten bis zu vier Mal überprüft werden“, so Wolff. Im Moment sei das nicht möglich.

Bei den Vorschlägen zu Mindestkontrollfrequenzen, die der Bundesrat 1992 gab, handele es sich um „Empfehlungen“, die eine „Orientierungshilfe“ sein sollten, aber nicht „rechtsverbindlich“ seien. So lautet die Antwort des Senats auf die von Jenspeter Rosenfeldt (SPD) am 9. Juli eingereichte Anfrage, wie der Senat die Lebensmittelsicherheit in Hamburg weiterhin gewährleisten wolle. Außerdem, so heißt es in der Antwort des Senats, seien 2002 lediglich 0,44 Stellen und 2003 eine Stelle gestrichen worden. Weitere Personaleinsparungen seien „zurzeit nicht geplant.“ Also alles halb so schlimm?

„Es hätte gefragt werden müssen, wie viele Stellen in den vergangenen zehn Jahren weggekürzt wurden“, kritisiert Wolff. Die drastischen Veränderungen hätten in den vorherigen Jahren stattgefunden. Grundsätzlich findet Wolff es jedoch „gut“, dass Senat und Öffentlichkeit durch die Anfrage auf das Thema aufmerksam gemacht werden. „Wenn es nach mir ginge, würde es jedoch Vorschriften über höhere Kontrollfrequenzen geben, nicht nur Empfehlungen“, sagt Wolff. Deshalb hofft der Lebensmittelkontrolleur, dass der Senat „mal wieder in seinen Schubladen wühlt“.

Seit rund 18 Monaten liege dort „HALLO“, ein ausgearbeitetes Konzept zur Risikoanalyse und Qualitätskontrolle. Das ist die Abkürzung für „Hamburgs amtliche Lebensmittelüberwachung leistungsstark optmiert“, erklärt Wolff. HALLO würde es Prüfern ermöglichen, genau festzustellen, „wo besonders oft geprüft werden muss und wo grundsätzlich weniger Gefahr besteht“. Das System wurde nach Vorgaben der Europäischen Union konzipiert und sollte 2004 umgesetzt werden. „Die EU zog diese Vorgabe jedoch zurück, in Hamburg stand ein Regierungswechsel an, und HALLO verschwand von der Tagesordnung“, bedauert Wolff. Dabei hätten sogar schon Schulungen stattgefunden. Doch das Kontrollsystem ist kein Allheilmittel: HALLO machte erst deutlich, dass zu wenig Lebensmittelkontrollen in Hamburg stattfänden. „Wir brauchen wieder mehr Prüfer.“ MAREIKE ADEN