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: Medienhatz auf der Schäl Sick

Wieder einmal steht Köln-Kalk auf der Kulturagenda – real und virtuell. Und, wie es scheint, auch international: Englische Lautsprecherdurchsagen empfangen das Publikum, doch dies ist nicht der Bahnhof von Nottingham, sondern das Foyer der Halle Kalk, und was man da hört, hat nur bedingt mit Reiseinformation, dafür viel mit Abhörtechnik zu tun.

„Can you see me now?“ heißt das Online-Fangspiel der Londoner Performancegruppe „blast theory“, das am Samstag im Rahmen des Tanz- und Medienfestivals „dampf“ Premiere hatte. Im Zentrum steht die Durchdringung von Innen und Außen, von imaginärer Computerwelt und den Straßen von Kalk. Jeder kann mitmachen bei der real-virtuellen Schnitzeljagd: Neben den Lautsprechern stehen Rechner im Foyer, wer sich einloggt, wird zur Bildschirmfigur in einer 3D-Animation der unmittelbaren Umgebung der Halle.

Und nun gilt es, sich nicht erwischen zu lassen. Denn draußen, im echten Kalk, sind die Mitglieder von blast theory als „Runner“ unterwegs. Ausgestattet mit Minicomputer und Global Positioning System versuchen sie, die Spieler zu „fangen“, das heißt: sich ihrem virtuellen Standort in der Realität bis auf fünf Meter zu nähern. Das Online-Wild läuft seinen Jägern via Tastatur davon, hört über Lautsprecher deren Gespräche mit und kann selber mit den Mitspielern chatten – nur lesen das dann wieder die Jäger. Ein bisschen erinnert das Szenario an Big-Brother-Überwachung oder an das „Millionenspiel“ aus den 70er Jahren, bei dem ein Verfolgter versuchte, seinem Killer zu entkommen, und die ganze Fernsehnation sah dabei zu.

„Can you see me now?“ ist da harmloser: Die Idee sei, die Welt der Handys zu reflektieren, erläutert Gruppenmitglied Caitlin Newton-Broad. Es gehe um Menschen, die einander im Straßengewirr suchen, die „Wo bist du gerade?“ ins Telefon rufen und reale Distanzen mittels virtueller Hilfen überwinden.

Der Rezensent wurde übrigens schon nach einer Minute gefangen, doch es gibt auch geheimdiensttaugliche Zeitgenossen, die blieben länger als eine halbe Stunde unentdeckt. Holger Möhlmann

„Can you see me now?“, Halle Kalk, Neuerburgstraße, Tel. 0221/22 12 84 00, weitere Termine: heute und morgen. jeweils 21 Uhr, 8.7.: 18 Uhr, 9.7., 18 und 22 Uhr