vorlauf
: Er studiert so schön

„Tatort: Bienzle und der Taximord“, So., ARD, 20.15 Uhr

Kein Thriller, noch nicht mal spannend im eigentlichen Sinn. Aber am Sonntagabend erwartet man das auch nicht, man weiß, dass man sich die Augen nicht wird zuhalten müssen. Man stellt den Fernseher an und erwartet: einen „Tatort“. Einen Bienzle, um genauer zu sein, und da erwartet man noch etwas weniger Krimi. Was man erwartet: einen Schlapphut, sehr trockenen Humor, eine Gesellschaftsstudie, eine Ehestudie und Studien von Polizeidienststellen und anderen obskuren Milieus.

Dieser „Bienzle“ studiert wieder sehr schön. Zum Beispiel kann man nicht mehr wollen von einer Stuttgarter Ehe. Pietistisch ist die Ehe, denn Bienzle kauzt, anstatt der Partnerin zu sagen, wie sehr er sich freuen würde, käme sie zu seiner Beförderungsfeier. Klischee ist die Ehe, weil Bienzle sich weigert, eine neue Hose zu kaufen. Und kein Klischee, denn die Ehe des vorruhestandsgefährdeten Bienzle ist wild und der Kollege will mal wieder ein wenig kitten.

Wenn man oft genug dabei war, will man wissen, was wird. Der Krimi ist zweitrangig. Und trotzdem ist es auch ein klassischer „Tatort“. Die Lehre über den Stand der Gesellschaft ist: Das Taxigewerbe ist verdammt hart. Das verrät schon der Titel. Aber auch in den kleinen Nebenszenen nutzt dieser „Bienzle“ jede Gelegenheit: „Sie sind doch einen Umweg gefahren, ich zahl nicht.“

Außerdem ist noch zu vermelden, dass an diesem Sonntag Katrin Saß prominent mitspielt, die Mutter aus „Good Bye, Lenin“, und dass sie leider nur ein Drittel der Zeit spielen darf. Dass die Handlung einige Ecken nimmt und dass das Spiel „Ich weiß schon, wer der Täter ist“ damit bis fast zum Ende gespielt werden kann. Dass man also seinen Sonntagabend ruhig drangeben kann zum Bienzle-Gucken. Biergärten werden auch irgendwann langweilig.

Nur eine kleine Mäkelei: Nach welchem Tatort-Gesetz muss der Drehbuchautor mindestens drei Szenen im Rotlichtmilieu spielen lassen, muss mindestens eine Prostituierte Zeugin von irgendetwas sein, egal ob das für die Handlung relevant ist? Wenn wir wirklich beides sehen wollen, Krimi und Rotlichtviertel, dann schalten wir doch RTL an. MAREKE ADEN