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: ARNO FRANK über das Seemannsgarn um „FAZ“ und Springer

Feindbeobachtung auf Sehrohrtiefe

Als sie noch die Kohle der New Economy in ihre Öfen schaufeln konnten, da gingen die stolzesten Zeitungen dieses Landes auf Erkundungskurs. Ihre Kapitäne, trunken vom guten Wetter und den schillernden Aussichten, heuerten Heerscharen neuer Matrosen an, verstauten Radiosender und Internetportale, Berliner Seiten, Münchener Seiten und Hintertupfinger Seiten in den Laderäumen, bis die Kähne unter dem Ballast ächzten. Die Frage war nicht: „Was kostet die Welt?“, die Frage war: „Wem gehört sie?“

Der Luxusliner Die Welt jedenfalls gehört der Reederei Springer und ist nicht mehr allzu viel wert, wie man so hört. Der Sturm der Rezession hat die AOL-blaue Takelage zerrissen, mit schwerer Schlagseite schwankt Die Welt von Wellental zu Wellental. Und Springer hat bereits angekündigt, das havarierte Traumschiff freiwillig zu versenken, sollten Tagesspiegel und Berliner Zeitung zu Schwesterschiffen werden. Da zur selben Flotte aber auch waffenstarrende Flugzeugträger wie die konservative Bild gehören, fährt die Firma noch genug Gewinne ein, um ihren lecken Seelenverkäufer über Wasser halten zu können. Noch.

Ganz anders dagegen die Lage an Bord der atlantikgrauen „Bismarck“, des Schlachtschiffs des bürgerlichen Lagers, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: Mit zerstörtem Ruder dreht sie ihre redundanten Kreise. Wer nicht von Kündigungswellen über Bord gespült wurde, der schöpft Wasser und leidet unter Skorbut. Und aus dem letzten verbliebenen Geschützturm ballert der Käpt’n persönlich auf Spatzen, die ihm auf den Kopf kacken könnten. Kein schöner Anblick.

Ein guter Lotse möchte jetzt folgenden Vorschlag machen. Zur Güte, zur Rettung kluger Köpfe und zur Stärkung der konservativen Presse: Springer sollte die FAZ kaufen. Denn beide sind sie aus dem gleichen Kruppstahl gegossen, beide streben sie nach Macht und Einfluss. Die FAZ hat Deutungshoheit, Springer hat nur die lästige Welt – aber einen Haufen Geld, mit dem es sich trefflich fusionieren ließe. Die latente Amtshilfe zwischen den Blättern ist ohnehin evident und sollte sich zu einer schlagkräftigen, offenen Partnerschaft ausbauen lassen. In der Springer-Werft wird dann die Welt als Berliner Beiboot in die FAZ eingebaut, technisch ist das gar kein Problem. Den Käpt’n müsste man nicht einmal kielholen, sondern könnte ihn zum Großadmiral machen. Oder wenigstens zum Chefredakteur, wie der Lotse empfehlen würde.

Wir aber klappen das Periskop wieder ein und gehen auf Schleichfahrt, wie immer.