Selbst CDUler dürfen mitmachen

BerlinerInnen mischen bei der „Wahlalternative“ kräftig mit, allein fünf Gründungsmitglieder kommen aus der Hauptstadt. Ob man sich auf die Bundestagswahlen konzentriert oder auch Landespolitik macht, ist umstritten

Die Gründung der neuen, bundesweiten Linkspartei läuft auch in Berlin auf Hochtouren. Allein fünf der vierzig Mitglieder des am Wochenende gegründeten Vereins „Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ kommen aus der Hauptstadt.

Helge Meves, hauptberuflich leitender Angestellter einer großen Bank, wurde sogar in den 14-köpfigen Vorstand gewählt. So wie mit Vertretern aus den anderen Bundesländern vereinbart, gelte es nun, möglichst zügig mit dem Aufbau eines Landesverbands zu beginnen, so Meves.

Zwei Regionaltreffen mit jeweils mehreren hundert Interessierten hatte es in den vergangenen zwei Monaten bereits gegeben. Beim letzten Termin Anfang Juni vereinbarte die Versammlung die Gründung von vier Regionalgruppen – sie bemühen sich seitdem darum, auch in den Bezirken außerhalb von Friedrichshain-Kreuzberg, Neukölln und Mitte um neue Mitglieder zu werben. Dort sieht es mit der Beteiligung noch eher mau aus.

Außerdem kündigte Meves an, dass sich der Verein an der Herbstkampagne gegen die Einführung der Hartz-IV-Gesetze beteiligen wird, die Gewerkschaften, das globalisierungskritische Netzwerk Attac und diverse Sozialinitiativen planen.

Intern wird derzeit darum gestritten, ob der Berliner Ableger des Vereins sich auch um Landespolitik kümmern oder seine Strategie ganz auf die Bundestagswahlen 2006 ausrichten soll – in das neue Projekt ist nämlich das bereits bestehende linke Wahlbündnis auf Landesebene, die „Initiative Berliner Wahlalternative“, aufgegangen.

Da aber die Aktivisten in Nordrhein-Westfalen bereits auf die dortigen Landtagswahlen im Mai 2005 schielen, befürworten einige BerlinerInnen ein ähnliches Vorgehen – abhängig davon, was beim Volksbegehren zur Abwahl des rot-roten Senats (siehe Bericht oben) herauskommt. Meves lässt die Frage noch offen.

Keinen Konflikt hingegen gibt es mit Mitgliedern, die noch ihr SPD-Parteibuch in der Schublade haben. Für die Vereinsmitgliedschaft sei das kein Ausschlusskriterium, selbst CDU-Anhänger seien willkommen, so Meves. Anders als vom SPD-Bundesvorstand lautstark angekündigt, Parteimitglieder sofort auszuschließen, die sich an der neuen Wahlalternative beteiligen, scheint die Berliner SPD-Spitze den Streit zu scheuen. Allein zwei der fünf Berliner Gründungsmitglieder besitzen noch immer das sozialdemokratische Parteibuch.

Zwar wurde SPD-Mitglied Birger Scholz laut eigener Aussage mehrfach die Vorladung zum Gespräch angedroht, weil er auch schon als Attacler scharf seine Parteigenossen an der Spitze anging. Dazu sei es überraschenderweise nicht gekommen, so Scholz. Freiwillig austreten will er nicht. Der Kanzler und die SPD-Spitze seien die „Abweichler“. Nicht er, der schlicht an „ursozialdemokratischen Grundsätzen“ festhalte.

Mit den Vertretern aus den anderen Bundesländern wurde vereinbart, bis zum Herbst Landesverbände zu gründen, die eine Bundesdelegiertenkonferenz vorbereiten. Dort fällt die endgültige Entscheidung über eine neue Partei. FELIX LEE