zahl der woche
: Der Star des freien Strommarktes, Michael Zerr, wird von seiner Firma Yello beurlaubt

Vom gelben Kampfpreis zum gelben Rausschmiss

Weiß doch jedes Kind: Strom ist gelb. Und Günstig. Immerhin jedes lesende Kind kann jetzt auch wissen: „Liebe Konkurrenz, vielen Dank für 1 Million Kunden“. Allerdings kann auch der Vorstand der Energie Baden-Würtemberg EnBW lesen. Zahlen nämlich. Zum Beispiel die Schuldsumme, die Tochter Yello mit nach Haus brachte: 500 Millionen Euro. Tatsächlich ist die Stromhändlerin Marktführer unter den seit der Liberalisierung gegründeten Start-ups – sowohl beim Kundenstamm als auch bei den Schulden.

Das wurde Mutter EnBW jetzt zu bunt. Deshalb hat Michael Zerr ab sofort mehr Urlaub, als ihm lieb sein dürfte. Der „Pionier des Stromhandels“, der „Überraschungssieger des Jahres“, der „geniale Verkäufer“ war Yello-Chef seit Gründung 1999. Wegen „unterschiedlicher Auffassungen über Fragen der strukturellen und strategischen Vertriebsausrichtung“ musste der einst gefeierte Zerr seinen Schreibtisch räumen.

„19/19“ hieß die Kampfpreisformel, mit der Zerr anfänglich die Konkurrenz in den Boden stampfte: 19 Pfennig je Kilowattstunde, 19 Mark Grundgebühr je Monat. Das war seinerzeit absolut konkurrenzlos: Yello durfte es sich offenbar leisten, den billigen Atomstrom der Mutter EnBW unter Wert zu dealen. Dazu kam die Erfindung der Farbe des Stromes, die nach Angaben von Greenpeace mit einem Werbeetat in Höhe von rund 300 Millionen Mark unter die Leute gebracht wurde. Es schien nicht viel dagegen zu sprechen, dass Yello der größte Profiteur der Stromliberalisierung würde.

„Viel Lärm und wenig Wirkung“, betitelte die Zeitschrift werben und verkaufen aber schon im Jahr 2000 einen Bericht über die Stromwerbung. Trotz der 400 Millionen Werbe-Mark allein im Jahr 2000 – davon entfiel ein Viertel auf Yello – hatten erst 3 Prozent der Haushalte den Anbieter gewechselt. Damit begannen die Probleme für Yello. Weil die Kampfpreise nur bei riesigen Handelsmengen betriebswirtschaftlich vertretbar gewesen wären, mussten sie aufgegeben werden. Und weil der liberalisierte Markt nicht klappt, musste Yello auch das aufgeben, was dem Stromhändler die Marktführerschaft brachte: bundesweit einheitliche Preise. Die örtlichen Energieversorgungsunternehmen erheben mancherorts eine Durchleitungsgebühr, die je Kilowattstunde so teuer ist wie die Kilowattstunde selbst. Heute ist das Berechnungssystem überaus kompliziert – und werbetechnisch schwer verkaufbar.

Nicht, dass andere Stromhändler besser dastünden. Ampere, Trianel oder die Deutsche Strom AG musten Insolvenz anmelden, der Öko-Stromhändler Lichtblick hat nicht mehr als 90.000 Kunden. Selbst die Vattenfall-Tochter bestenergy muss sich mit 200.000 Kunden zufrieden geben. Man habe nicht so viel in die Werbung gesteckt, heißt es bei den Wettbewerbern. Zwar schreiben auch die noch rote Zahlen. Aber längst nicht so tiefrote wie Yello.

Weil Strom nun einmal gelb ist – und sich der Aufbau einer Regulierungsbehörde abzeichnet, die sich um Durchleitungsgebühren kümmern wird –, will Mutter EnBW Tochter Yello noch nicht rausschmeißen. Bis Ende 2005 haben die Kölner Frist, um zu positiven Ergebnissen zu gelangen. Vielleicht hat der Strom danach eine andere Farbe. NICK REIMER