NRW-Städte sollen endlich frei sein

Zukünftig soll sich das Land aus der Städtebaupolitik zurückziehen. Wohnungsbau, Ökologie und Ökonomie wird lokal

DÜSSELDORF taz ■ Die Städte in Nordrhein-Westfalen sollen ihre Zukunft nun selbst in die Hand nehmen: Die parteiübergreifende Enquête-Kommission zur „Zukunft der Städte in NRW“ empfiehlt in ihrem über 400 Seiten starken Abschlussbericht, die Handlungsautonomie und Eigenverantwortung der Kommunen deutlich auszuweiten. Das Land hingegen müsse sich zurückziehen. „Die bisherige einheitliche Steuerung der Städtepolitik von Düsseldorf aus ist wenig effizient und wenig effektiv“, sagte gestern der Kommissionsvorsitzende Hans-Peter Milles (SPD).

Die Kommunen wüssten selbst am besten, wo ihre Potenziale und Probleme liegen. „Sie sollen selbst entscheiden“, sagt Milles. Notwendig sei eine völlige Neuausrichtung der Förderpolitik. Die Fördermittel des Landes sollten nicht mehr von den einzelnen Ministerien auf bestimmte Projekte verteilt werden. Künftig müssten die Fördertöpfe aus den Bereichen Städte- und Wohnungsbau, Sozialpolitik, Wirtschaftsförderung, Umwelt und Infrastruktur zu einheitlichen Budgets zusammengefasst werden. Dazu müssten die Kommunen Zielvereinbarungen mit dem Land schließen. So ganz locker lässt das Land allerdings nicht: Die Verwendung der Mittel soll weiterhin von Düsseldorf aus überwacht werden.

Bislang schüttet das Land etwa 200 Millionen Euro jährlich für den Bereich Städtebau aus. Problematisch war es schon immer, die Millionen sinnvoll aufs Land zu verteilen: Kämpft das Ruhrgebiet mit verfallenen und leer stehenden Wohnungen, sind im Großraum Köln selbst kleinste Zimmer knapp. Werden in Städten wie Dorsten oder Duisburg Häuserzeilen abgerissen oder obere Etagen abgetragen, muss der oder die Kölner StadtplanerIn Wohnraum schaffen. Diese Probleme sollen nun vor Ort gelöst werden.

Die Kommission wünscht sich darüber hinaus, dass Städte, etwa im Ruhrgebiet, stärker zusammenarbeiten: Deshalb sollen die Mittel auch an Regionen vergeben werden. Gerade in der Wohnungs- und Sozialpolitik müsse kooperiert werden. „Dafür muss die Landesregierung bessere Voraussetzungen schaffen“, sagte Milles. „Das Land soll die Regionalisierung belohnen“, sagte auch der Grünen-Abgeordnete Thomas Rommelspacher.

Besonderes Gewicht hat das Ruhrgebiet: Nach dem Vorbild des „Stadtumbau Ost“ für schrumpfende Regionen in Sachsen und Thüringen soll es bald auch ein Programm „Stadtumbau West“ geben.

Ob die Forderungen der sechzehnköpfigen Kommission auch umgesetzt werden, ist fraglich: Über den Abschlussbericht soll der nordrhein-westfälische Landtag in Düsseldorf in der kommenden Woche beraten.

ANNIKA JOERES