Wohnungsgesellschaften überbieten sich

Knapp 30.000 Gagfah-Wohnungen in NRW wechseln spätestens nächste Woche den Besitzer. Zwei Bieter sind noch im Gespräch. Mieter bevorzugen Terra Firma. Soziale Standards sollen dabei eingehalten werden

RUHR taz ■ Der Verkauf der 81.000 Wohnungen des Essener Wohnungsunternehmens Gagfah steht offenbar kurz bevor. Wie aus Unternehmenskreisen bekannt wurde, will das Mutterunternehmen, die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), spätestens nach einer Vorstandssitzung nächsten Donnerstag über den Verkauf entscheiden. Interessenten sind die britische Beteiligungsgesellschaft Terra Firma und die amerikanische Immobiliengesellschaft Fortress. Der Verkauf soll der BfA über zwei Milliarden Euro bringen. Der Erlös soll die Defizite in der Rentenkasse mindern. Landesweit wären vom Verkauf über 30.000 Wohnungen betroffen – ein Großteil davon im Ruhrgebiet

BfA-Sprecher Stefan Braatz wollte den Zeitpunkt „weder bestätigen noch dementieren“. Man müsse verstehen, dass die BfA momentan keine Einzelheiten zum Bieterverfahren nennen könne. Die besseren Karten scheint momentan die Terra Firma-Tochter Deutsche Annington Immobilien GmbH zu besitzen: Das Unternehmen hat kürzlich sein Gebot auf über zwei Milliarden Euro erhöht und liegt damit nur noch knapp hinter der Konkurrenz. Außerdem setzt das Unternehmen auf die soziale Karte: So sollen Mieter bei entsprechendem Interesse ihre Wohnung zu einem Rabatt von 15 Prozent unter Marktpreis kaufen können, außerdem sollen Mieterhöhungen in den ersten fünf Jahre nicht mehr als 1,5 Prozent pro Jahr betragen dürfen. Mieter ab 60 Jahren erhalten zudem ein lebenslanges Wohnrecht.

In der Vergangenheit haben die Mieter positive Erfahrungen mit der Deutschen Annington gemacht. Vor vier Jahren erwarb das Unternehmen 64.000 Eisenbahnerwohnungen. „Dabei haben wir stets die Interessen der Mieter und Mitarbeiter berücksichtigt“, sagt Terra-Geschäftsführer David Pascall. Die Deutsche Annigton tritt dabei als langfristiger Investor auf. Die Fonds sind in der Regel auf zehn Jahre angelegt.

Thomas Rommelspacher, wohnungspolitischer Sprecher der Grünen im Landtag, sieht in der Deutschen Annington „einen einigermaßen akzeptablen Bieter“. Wenn schon Verkäufe anstünden, dann sollten sie wenigstens sozial ablaufen. Unterstützung erhält Rommelspacher dabei vom Mieterforum Ruhr. „Terra Firma hält bei dem Verkauf von Mietwohnungen immerhin weitgehend soziale Standards ein“, sagt Mieterforums-Sprecher Aichard Hoffmann. Die betroffenen Mieter bevorzugen das britische Unternehmen Terra Firma gegenüber der US-Beteiligungsgesellschaft Fortress. „Fortress ist auf dem Wohnungsmarkt ein unbeschriebenes Blatt“, so Aichard. Für Irritationen sorgt, dass im Auftrag von Fortress ausgerechnet der Anfang des Jahres geschasste Chef der Bundesagentur für Arbeit, Florian Gerster, die Verhandlungen mit der BfA führen soll.

Vielleicht haben sich die Verhandlungen auch schon in den nächsten Tagen erledigt. In Berlin wird auch die Zerschlagung der Gagfah diskutiert. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass zumindest die Deutsche Annington von ihrem Angebot zurücktritt. HOLGER PAULER