Staatsministerin Weiss kämpft für Kultur-TÜV

Städtische Kulturpolitik darf nach Auffassung der Beauftragten der Regierung für Kultur und Medien nicht nur Sache des Kämmerers sein. So müsse etwa Hochhausbau wie der in Deutz eine Kulturverträglichkeitprüfung durchlaufen

KÖLN taz ■ „Man muss nur rechtzeitig mit den Investoren sprechen, dann sind sie auch bereit, ihre Wünsche den Erfordernissen des Denkmalschutzes anzupassen.“ Ungläubig lachend hörte das Kölner Publikum die Einschätzung von Staatsministerin Christina Weiss zur aktuellen Drohung der Unesco, dem Dom den Status des Weltkulturerbes zu entziehen, weil die Stadt den Bau eines sichtstörenden Hochhauses in Deutz genehmigt hat.

Dass das, womit Weiss als Kultursenatorin in Hamburg Erfolg hatte, auch in Köln funktionieren könnte – die hiesige Erfahrung im Umgang mit Privatinvestoren beweist wohl das Gegenteil. Und Stadtkonservator Ulrich Krings stellte klar, dass es in Zeiten leerer Kassen gerade die öffentliche Hand sei, die am wenigsten Rücksicht auf Denkmalschutz nehme.

Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien war am Montag nach Köln gekommen, um auf Einladung des neu gegründeten SPD-nahen „Kulturforums Köln“ über „Kultur als Lebensmittel“ zu sprechen. Ihre Rede war Balsam für die Seelen der zahlreich anwesenden Kunstschaffenden und SPD-Kulturpolitiker. Galt es doch, die Wunden zu lecken, die „das Kulturloch am Neumarkt, die gescheiterte Bewerbung zur Kulturhauptstadt Europas und der missglückte Versuch, eine Vergnügungssteuer einzuführen“, im Selbstbewusstsein der Kölner hinterlassen haben, wie es Hans-Georg Bögner, Leiter der SK Stiftung Kultur, formulierte.

Trostworte hatte Weiss genug zu bieten. Dass eine Gesellschaft Kultur und Künstler brauche. Dass Kunst nicht nur gefallen dürfe. Dass der Staat auch Experimente fördern müsse. Dass es nicht richtig sei, zu allererst an Kultur und Bildung zu sparen. Dass städtische Kulturpolitik nicht Aufgabe des Kämmerers sein dürfe. Und wie eine Umweltverträglichkeitsprüfung solle jeder Gesetzentwurf auch eine Kulturverträglichkeitsprüfung durchlaufen. „Nur durch Kultur können wir Distanz zu uns selber finden und zukunftsfähig werden“, stellte sie fest. Und dies müsse der Mensch schon in der Schule lernen.

„In Zeiten der Krise bietet das Kraftfeld Kultur die Energie zur Orientierung“, sagte Weiss weiter und forderte alle auf, sich nicht mit Klagen an die Öffentlichkeit zu wenden, sondern mit dem Bewusstsein, was Kultur alles biete. Zum Schluss mahnte die Staatsministerin unter viel Beifall Kölns Verantwortliche, die Oper nicht abzureißen. Dieser Riphahn-Bau sei ein wichtiges Zeugnis für die Architektur der 50er Jahre. Welch glücklicher Zufall, dass sie im Kölnischen Kunstverein sprach. Der ist ebenfalls von Wilhelm Riphahn, wird gerade aufwändig und liebevoll restauriert und zeigt, wie gut damals – zumindest manchmal – gebaut wurde. Jürgen Schön