Besser baden ohne Bakterien

Nach einem Kolibakterien-Alarm gelten Berlins Seen wieder als sauber. Entwarnung für den Weißensee und den Heiligensee. Der Groß-Glienicker See bleibt weiter gesperrt – Unbekannte kippten dort giftiges Unkrautvernichtungsmittel an Uferbäume

von CHRISTIN GRÜNFELD
und SEBASTIAN HEISER

Berlin als Hauptstadt der Gewässer kann sich wieder sehen lassen. Nirgendwo sonst gibt es eine vergleichbare Dichte an innerstädtischen Seen mit der Auszeichnung „hervorragend“. Gestern hatte das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit eine gute Botschaft zu verkünden: Entwarnung für den Heiligensee in Reinickendorf und den Weißensee im Bezirk Pankow. Eine zweite Untersuchung des Wassers bestätigte die Belastung durch Fäkalbakterien, wie sie noch am Wochenende festgestellt wurde, nicht. Landesamtssprecher Robert Rath erklärte, dass damit die Empfehlung, nicht zu baden, aufgehoben sei.

Vorübergehend hatte man vom Baden in den Seen abraten müssen, weil nach europäischen Richtlinien die Anzahl von Fäkalbakterien im Wasser eine kritische Grenze erreicht hatte. Durch die Hitze ist weniger Sauerstoff im Wasser vorhanden, für viele Lebewesen ein Todesurteil.

Ein besonderes Problem für die Wasserqualität stellen zudem starke Regenfälle wie Sommergewitter dar, weil sie organisches Material in großen Mengen in die Seen spülen. Zum Beispiel Hundekot, Vogeldreck und liegengebliebene Essensreste vom Strandpicknick, die dann im Wasser verwesen. Der Sauerstoffgehalt nimmt weiter ab, mehr Lebewesen sterben.

Für Badende kann das unterschiedliche Folgen haben. Je nach Sensibilität kommen Hautreizungen vor, Übelkeit und Erbrechen bei Verschlucken des Wassers.

Ähnliche Folgen aber andere Ursachen hat das „Blaualgenproblem“. Stephan Pflugmacher vom Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei untersucht in seinem Labor die Wirkung von Toxinen, die in Blaualgen vorkommen. Die Gifte könnten Leberzellen zerstören und hinterließen somit bleibende Schädigungen, ein Gegengift gebe es nicht, so Pflugmacher. „Ich würde nirgends schwimmen, wo man Algen sieht, das sagt einem schon der gesunde Menschenverstand. Und wenn, sollte man dringend duschen und die nassen Sachen von der Haut entfernen“, empfiehlt der Wissenschaftler. Er selbst schwimmt am liebsten im Liepnitzsee – der sei klar.

Trotz der guten Wasserqualität der meisten Seen ist der Groß-Glienicker See mit Vorsicht zu genießen. In der letzten Woche bemerkten Gäste auf der Brandenburger Seite des Sees einen beißenden Gestank, bekamen kurz darauf Kopfschmerzen, einigen wurde übel. Sie entdeckten eine Flüssigkeit an den Wurzelansätzen der Bäume am Ufer. Die Feuerwehr schaufelte die betroffene Erde rund um die Erlen weg und ließ sie untersuchen.

Das Ergebnis: ein agressives Unkrautvernichtungsmittel hatte zu der Übelkeit geführt. Bernard Wronski vom Referat für Stör- und Ereignisfälle des Landesumweltamtes Brandenburg vermutet, dass hier rund 50 bis 70 Liter des inzwischen verbotenen Mittels „Selest“ ausgekippt wurden. Betroffen sei eine Fläche von etwa 50 mal 20 Metern.

Auf seine Empfehlung hin sperrte das Ordnungsamt zum letzten Wochenende den riesigen See auf unbefristete Zeit. Laut Landesamtssprecher Rath ist dies eine reine Vorsichtsmaßnahme. Denn: Regen könnte das Gift in den See spülen. Die Kriminalpolizei geht von Vorsatz aus und ermittelt. Ein Badeverbot nach einer gezielten Vergiftung habe es „seit Menschengedenken in Berlin nicht gegeben“, so Rath.

Wer mehr über die Qualität seines Lieblingssees erfahren möchte, kann beim Badegewässertelefon vom Landesamt für Gesundheit rund um die Uhr anrufen: (0 30) 90 21 60 00 oder sich tagesaktuell im Web informieren:www.badegewaesser.berlin.de