Braucht keinen Gegner: die Shitparade im Golden Pudel Klub
: Techno für verdrehte Gummikörper

Mist passiert aber auch – die Berliner Love Parade fällt dieses Jahr aus! Damit verliert der Polit-Techno-Underground der Stadt ihren liebsten Feind. Träge nur marschierten die paar Mobilisierten deshalb zum Psy-Trance und Breakcore, der von den Trucks der Fuckparade bollerte. Die Fuckparade ist geboren aus dem Geist einer Berliner Gegner-, ja Feindschaft zu Dr. Mottes mutigen Bonmots. Deshalb hieß sie auch erst Hate Parade, bis man auf die Idee kam, hassen wolle man ja eigentlich nicht, sondern lieber Techno Punker und Mittelfinger sein. Die Shitparade, die am Sonntag in Hamburg aufkreuzt, nimmt ihren Anfang in Berlin, genau wie all die anderen Paraden. Sie aber braucht keinen Gegner.

Ihren Namen verdient sie sich durch eines von zwei Labels, die an der Tour teilnehmen. Shitkatapult heißt der Indie. Wie das zweite beteiligte Label, Meteosound, sitzt man in der Petersburger Straße. Genau dort, wo Berlin- Friedrichshain noch das sein darf, was es ewig sein wird: potthässlich. Hier gibt es kaum Studentenkneipen wie im neuen Trendkiez Simon-Dach-Straße, hier gibt es Autos, die zu schnell fahren, breite Tram-Schneisen und Dart-Kneipen. Billig genug also, in diesem Wohnumfeld Ein-bis-Zwei-Mann-Unternehmen anzusiedeln. Shitkatapult veröffentlicht so ziemlich alles, was denkbar ist zwischen den Laptop-Erkundungen des einen Shitkatapults und dem Techno für verdrehte Gummikörper des zweiten Labelmachers T. Raumschmiere, einer der derzeit ganz großen Nummern im internationalen Jetset. Rein passt da zum Beispiel der Parolen-Electro der Hamburg-Berliner Supergroup Das Bierbeben. Über simpel gestrickte Beats und Synthies schreit man „Mach deinen Fernseher kaputt!“ und gibt sich Namen wie Wolf Dosenbiermann oder Der Osten. Laut Bandmitglied Alfred Bierlek orientiert man sich an den ganz Stumpfen, an den zu Unrecht Vergessenen des Deutschpunk: Oberste Heeresleitung, Schleim Keim und so. Auf der Bühne aber werden nur die beiden Sängerinnen des Quintetts stehen (siehe Foto), die Musik kommt von Band, weil Laptops sind ja nicht so Punk.

Laptops sind eher neo-, zum Beispiel Neo-Dub. Den produziert Daniel Meteo im Duo Bus, den verkauft er aber auch über sein Label Meteosound. Keine Angst, es ist nicht dieser „‘ne Bassline und ‘n Bleep“-Neo-Dub, wie man ihn aus den Neunziger Jahren kennt. Meteo führt das alte Tier auf die Lichtung, und siehe, da weiden auch HipHop und minimale elektronische Hörmusik. Und sie nehmen sich an die Hand. Und sie machen einen Move. Christoph Braun

So, 11.7., 20 Uhr, Golden Pudel Klub: Das Bierbeben (live); T. Raumschmiere, Phon. O, Daniel Meteo, Apparat (DJs)