„Nach oben! Nach unten! Und springen!“: Panteón Rococó in der Fabrik
: Der Sound der Zapatisten

„Sonia“ ist der neueste Hit von Panteón Rococó. In Mexiko landete er ganz oben in den Charts. In Deutschland wird das Remake des alten 70er Jahre-Hits „Sunny“ leider erst nach Tourende bei Übersee Records erscheinen. Sei‘s drum, denn live hat der Song ohnehin mehr Drive. Und spielen werden ihn Panteón Rococó bei ihrem Konzert in der Fabrik auf jeden Fall.

Gleiches gilt für ihre Hymne „La Ciudad de Esperanza“, die in Mexiko von vielen Radiostationen nicht gespielt wird. Zu kritisch für die Allgemeinheit? Kann schon sein, denn mit den etablierten Medien hatten Panteón Rococó ähnlich wie die Kumpels von Los de Abajo noch nie sonderlich viel Glück. Oft wurden sie links liegengelassen, denn die Texte machen eben nicht vor der mexikanischen Realität halt, und zu der gehören auch die Zapatisten. So ist der 14. Track der neuen CD tres veces tres Subcomandante Marcos vorbehalten, der Stimme der Ejército Zapatista de Liberación Nacional (EZLN), zu deutsch „Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung“. Für die fußballmannschaftsstarke Band eine Selbstverständlichkeit, denn sie ist aus der politischen Bewegung, dem Movimiento Zapatista indigena entstanden. „Die Bewegung hat uns Bewegungsfreiheit, Ausdrucksmöglichkeiten und Auftritte verschafft“, erklärte Frontmann Luis Dr. Shenka gegenüber der mexikanischen Tageszeitung La Jornada einmal.

Und diesen Roots ist die Band treu geblieben. Erst Mitte Juni eroberten sie wieder einmal den Zócalo in Mexikos Hauptstadt. 40.000 Fans fanden sich ein, Transparente warben für die Freiheit derer, die bei den Protesten von Guadalajara festgenommen worden waren, wo Ende Mai der Handelsgipfel zwischen der Europäischen Union und den Staaten Lateinamerikas und der Karibik stattfand. Bei dem Gig fielen klare Worte gegen die grassierende Korruption und für den Widerstand gegen Neoliberalismus.

Schon einmal hatten Panteón Rococó an diesem Ort gespielt: damals lieferten sie an der Seite von Manu Chao den Background zum Einzug der EZLN-Delegation in Mexiko City. 150.000 hatten den zentralen Platz damals bevölkert. Der Auftritt hat der Band weiteren Auftrieb gegeben. Inzwischen sind sie längst beim Mayor BMG unter Vertrag – für die Band ein legitimes Mittel, um den Vertrieb ihrer CDs auch landesweit zu garantieren. Das war vorher nicht der Fall, doch mit BMG wurde so lange verhandelt, bis der Konzern bereit war, die Unabhängigkeit der 1994 gegründeten Band zu akzeptieren. Ein Deal, der sich auch für BMG auszahlte, denn die erste goldene Schallplatte ist unter Dach und Fach. Kein Selbstverständlichkeit im Mutterland der Raubkopie, wo die Elf mit ihrem eigenwilligen Sound längst Kultstatus über die Independentszene hinaus genießt.

Ska, Reggae, Rock und Punk sind die wichtigsten Zutaten für den treibenden Sound von Panteón Rococó, den sie mit Mariachi-, Cumbia- oder Salsaklängen mischen. Fusion oder auf spanisch Mestizaje ist für den Gitarristen Gorri, der alles zwischen Santana und Ramones hört, eine Selbstverständlichkeit. Und der Sound kommt nicht allein bei den Marginalisierten an, für die Panteón Rococó deutlich Partei ergreifen, sondern auch bei Leuten aus anderen Gesellschaftsschichten. Zur Überraschung der Band funktioniert er sogar jenseits des Atlantiks. Längst haben Panteón Rococó ihre Message nach Europa und in den Süden der USA getragen. Und mussten sie sich den ersten Trip in die alte Welt noch von Fans und linken Organisationen sponsern lassen, reisen sie mittlerweile auf eigene Rechung. Bienvenido! Knut Henkel

Montag, 21 Uhr, Fabrik