der unbefleckte kandidat von WOLFGANG WEBER
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Ist das nicht peinlich? Zwei Jahre vor der Fußballweltmeisterschaft im eigenen Land steht der DFB ohne Teamchef da. Der eine will nicht mehr, der andere musste erst seine Frau fragen (die dann lieber doch nicht wollte!) und der dritte wurde zum König von Griechenland gewählt. Dabei wäre alles so einfach, nähme der DFB einfach jenen Mann, der sämtliche Bedingungen für diesen sicherlich nicht einfachen Job erfüllt: mich.

Ich will gerne erklären, warum ausgerechnet ich, ein in Fachkreisen relativ unbeschriebenes Blatt, prädestiniert bin als Nachfolger anerkannter Heroen wie Sepp Herberger, Franz Beckenbauer oder Rudi Völler. Erstens: Ich trage einen großen Namen. Wer erinnert sich nicht gerne an Wolfgang Weber, den begnadeten Abwehrspieler des 1. FC Köln, der 1966 im Endspiel von Wembley gegen England kurz vor Schluss das 2:2 erzielte, dadurch die Verlängerung und ergo das Skandaltor zum 3:2 erst ermöglichte, das uns zwar den Titel raubte, gleichzeitig jedoch die unglücklichen deutschen Verlierer in aller Welt beliebt machte?

Zweitens: Ich bin – wie Rudi Völler zu Recht forderte – „unbefleckt“. Ich stieg noch nie mit einer Mannschaft ab, ich wurde noch nie entlassen, ich hatte noch nie ein Verhältnis mit der Frau des DFB-Präsidenten, wurde noch nie von Fans beschimpft, und ich gehöre keiner intriganten „Seilschaft“ an, da ich eigentlich gar niemanden persönlich kenne, der irgendwie mit Fußball zu tun hat.

Drittens: Ich kenne mich in der Welt des Fußballs aus wie kein anderer. Seit 1970 sammle ich bei jeder WM bunte Fußballbildchen, die ich gewissenhaft in Alben einklebe. Seit 34 Jahren habe ich alle Bilder, die jemals auf den Markt kamen, penibel eingeklebt und archiviert (erst Bergmann-Verlag, Unna, später Panini, zusätzlich Hanuta/Duplo). Ich glaube kaum, dass meine Mitbewerber ein solch lückenloses und bestens erhaltenes Bilderarchiv vorweisen können!

Viertens: Ich komme sowohl bei männlichen als auch bei weiblichen Fans gut an. Die männlichen akzeptieren mich, weil ich ihnen durch meine joviale Art jederzeit weismachen kann, ich sei einer von ihnen; die Frauen mögen mich, weil ich großartig aussehe und außerordentlich charmant bin.

Fünftens: Ich habe zwar nie im Verein Fußball gespielt, möchte aber dennoch auf meine perfekte Ballbeherrschung hinweisen, die ich anhand eines kleinen Beispiels gerne näher erläutern möchte: Im Spätsommer des Jahres 1979 zirkelte ich, bekleidet mit Parka und Wanderschuhen, in einem Trainingsspielchen am Rande eines Lagerfeuers einen Ball über 50 Meter so punktgenau auf einen Mitspieler, dass sich dieser vor Schreck auf den glitschnassen Rasen setzte. Das Besondere daran war, dass ich in der linken Hand ein volles Glas Bier hielt und in der rechten das Feuerzeug, mit dem ich mir kurz zuvor die in meinem Mundwinkel hängende Roth-Händle angezündet hatte.

Sechstens: Ich bin vertraglich nicht gebunden, habe keine Frau, die ich fragen müsste, nehme keine Drogen und spüre noch das Feuer in mir, das nötig sein wird, um bei der WM 2006 ganz, ganz groß abzusahnen! Hier bin ich, DFB! Ich bin bereit, ihr müsst nur noch zugreifen!