Erst die Muslime, dann die Juden

betr.: „Religionsstreit in der CSU“, taz vom 6. 2. 09

Nun sagt Frau Merkel, man glaubt es kaum, mal was Kritisches und Gescheites zum Papst und den gottlosen Piusbrüdern, und schon bekommt sie kräftig was auf die Ohren. Und das von ihren eigenen Parteifreunden.

Dabei ist das Ausmaß der ökumenischen Katastrophe noch gar nicht abzusehen: Jahrzehntelange Bemühungen um die Einheit der Kirchen und die Koexistenz der Religionen ebenso wie der christlich-jüdische Dialog werden bewusst und gewollt vom Papst und seinen unseligen Beratern grundlegend zerstört. Mit unsäglicher Ignoranz und Arroganz begann man schon vor Monaten, die Millionen Menschen muslimischen Glaubens zu dämonisieren, und nunmehr schaut man im Vatikan tatenlos zu, wie eine Clique antisemitischer, frauenfeindlicher und fundamentalistischer Geistlicher der Pius-Bruderschaft um den bekennenden Shoa-Leugner Richard Williamson in Riesenschritten, alle mühsam erreichten Fortschritte seit dem Zweiten Vaticanum Mitte der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts niederreißend, zurück ins Mittelalter marschiert.

Mit der Botschaft Christi hat das wahrhaft gar nichts zu tun. Das hat eher den Ruch der Gotteslästerung. Und Papst Benedikt schweigt oder redet sich raus, macht Antisemitismus in der Kirche trotz aller eloquenter Dementis hoffähig. Dabei ist konsequentes Handeln gefordert, sonst droht, sollten die unappetitlichen Pius-Brüder ihren Einfluss auf die Politik des Vatikans ausweiten können, den Emma-Redakteurinnen demnächst der Scheiterhaufen.

Dass der Vatikan nicht aus lauter Schusseligkeit so viel kostbares Porzellan zerdeppert hat, zeigen die Begleitumstände der fast zeitgleich erfolgten Ernennung des Priesters Gerhard Maria Wagner zum neuen Weihbischof von Linz. Gegen das ausdrückliche Votum der Diözese wurde ein Mann ins Amt gehoben, der weibliche Ministranten, Frauen in Kirchenämtern und auch Harry Potter für Teufelszeugs hält und der die Überschwemmungskatastrophe in New Orleans und den todbringenden Tsunami in Ostasien als göttliche Vorsehung und gerechte Bestrafung von Ungläubigen ansieht. Kann dieser Papst nicht sich selbst exkommunizieren?

HEIKO MÜLLER, Neustadt/Weinstraße